Sarah Sophia Meyer spielt im Film „Zwingli" die Frau des Zürcher Reformators. Der Dreh ist abgeschlossen, die historischen Stoffe lassen die Schweizer Schauspielerin aber nicht los. Momentan verkörpert sie auf der Theaterbühne in Graz die englische Königin Elisabeth I, die sich gegen die katholische Maria Stuart durchsetzte. Ein Interview zu Karriere, Selbstbestimmung und Heimweh.

Sarah Sophia Meyer, was hat Sie an der Rolle von Zwinglis Frau gereizt?
Die Entwicklung der Person – Anna Reinhart hiess sie – ist enorm spannend. Zu Beginn des Films ist sie eine gläubige Frau, die sich nach den Regeln der Kirche ausrichtet. Mit der Reformation gerät ihre Welt ins Wanken und sie beginnt, sich eine eigene Meinung zu bilden und diese auch gegen Widerstände zu vertreten.

Bisher war Anna Reinhart wenig bekannt, im Film ist sie aber eine tragende Figur. Warum?
Es war unserem Regisseur, Stefan Haupt, wichtig, neben der machtpolitischen, religiösen und intellektuellen Dimension auch zu zeigen, was die Reformation für die einfache Bevölkerung bedeutete. Anna Reinhart war vor ihrer Heirat mit Zwingli eine mittellose Witwe mit drei Kindern, die in einer Gastschenke arbeitete.

Seit Kurzem läuft der Film im Kino. Waren Sie nervös vor der Lancierung?
Sehr! Im Publikum zu sitzen wie alle anderen und nichts mehr ändern zu können, ist schwierig auszuhalten. Ich arbeite mehr im Theater als beim Film und bin gewöhnt, dass ich Sachen, die ich nicht so gut finde, bei der nächsten Vorstellung verbessern kann.

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Solothurner Filmtage

Seit über zehn Jahren ist Swiss Life Hauptsponsorin des Festivals und fördert so den Schweizer Film. Die Produktion „Zwingli“ von Stefan Haupt war 2019 neben elf weiteren Filmen für den Prix du Public nominiert.

Wollten Sie schon als Kind Schauspielerin werden?
Ich bin schon von klein auf mit der Welt des Theaters vertraut, ich stamme aus einer künstlerischen Familie. Mein Vater leitete ein Musiktheater in St. Gallen, meine Mutter ist Kunsttherapeutin. Ich habe bereits als Jugendliche bei Aufführungen mitgemacht. Mit 21 begann ich dann die Ausbildung an der Schauspielschule in München.

Sie erhielten gleich nach dem Abschluss eine Anstellung am Staatstheater Stuttgart und gehören heute zum Ensemble des Schauspielhauses Graz. Lief bei Ihnen immer alles rund?
Es gab schwierige Momente, besonders während der ersten Berufsjahre. Nach der Schule musste ich mich beweisen – dabei war ich noch sehr unsicher und zweifelte an meinen Fähigkeiten. Der Druck war riesig. Erst mit der Erfahrung gewann ich an Selbstvertrauen.

Welches Stück führen Sie gerade auf?
Maria Stuart von Schiller. Ich bin die englische Königin Elisabeth I, welche die katholische Maria Stuart besiegt. Es ist ein Zufall, dass ich nach dem Dreh von „Zwingli“ gleich zu einer weiteren Inszenierung über einen religiösen Konflikt kam.

Gibt es eine Rolle, die Sie besonders interessiert?
Ja. Ich würde gerne im Stück „Drei Schwestern“ von Tschechow, den ich sehr bewundere, mitspielen. Eine der Schwestern möchte ich sein, es wäre mir gleich, welche.

Haben Sie einen Karriereplan?
Einen klaren Plan habe ich nicht. Ich wünsche mir aber, dass ich weiterhin Theater spielen und gleichzeitig tolle Filme drehen kann. 

Was tun Sie als Ausgleich zum Beruf?
Wann immer ich kann, singe ich. Das ist meine zweite Leidenschaft, um ein Haar hätte ich Gesang studiert.

Wie selbstbestimmt ist Ihr Leben?
Ich mache genau das, was ich möchte. Jede Aufführung und jedes neue Projekt ist spannend. Ich kann mich immer wieder einbringen. Durch die Struktur des Theaters bin ich natürlich sehr eingebunden; mein Wohnort und mein Zeitablauf werden durch die Arbeit bestimmt. Meist probe ich am Morgen und habe am Abend eine Vorstellung – während der „Zimmerstunde“ am Mittag koche und esse ich und regle, was gerade so anfällt.

Seit 15 Jahren wohnen Sie in Deutschland und Österreich. Fehlt Ihnen die Schweiz?
Ja, manchmal habe ich Heimweh. Früher war eine Rückkehr für mich kein Thema, aber unterdessen könnte ich mir vorstellen, wieder in der Schweiz zu wohnen. Obwohl ich mich in meiner Heimat auch ein bisschen wie eine Ausländerin fühle – ich bin schon so lange nicht mehr Teil des Alltags.

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Sarah Sophia Meyer, 1984 in St. Gallen geboren, studierte Schauspiel in München. Danach folgte ein Engagement am Staatstheater Stuttgart. Heute ist sie fest am Schauspielhaus in Graz angestellt. Neben der Theaterkarriere wirkt sie auch immer wieder in Fernseh- und Kinoproduktionen mit, so im Luzerner Tatort "Hanglage mit Aussicht" und im "Schellen-Ursli" von Xavier Koller. 

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Szene aus dem Film "Zwingli": Der Reformator und seine Frau Anna Reinhart, am Tisch mit ihren Weggefährten.

Bildnachweis: Fotos aus dem Film "Zwingli",  Foto Festival Solothurn von moduleplus, Foto Sarah Sophia Meyer von Lupi Spuma

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