Hartnäckigkeit und Ausdauer gehören zweifelsohne zu ihren Stärken. Während andere Mittzwanzigerinnen und Mittzwanziger langsam ihr Studium abschliessen, steht Selina Aschwanden mitten im Berufsleben. Als Geschäftsführerin der Bergkäserei Aschwanden und als fürsorgliches Mami spielt bei ihr die Selbstbestimmung eine Hauptrolle.

Schon ihr Grossvater hat sich frühpensionieren lassen. Ihr Vater tat es ihm nun gleich. Nun hat Selina, gemeinsam mit ihrem Mann Sämi, das Zepter des Familienbetriebs übernommen, mit gerade mal 25 Jahren. Zusammen mit ihrem 15-köpfigen Team produzieren sie Bergkäse aus regionalen Zutaten. Dass dieser Rohmilchkäse auch ausserhalb von Seelisberg Anklang findet, zeigte sich deutlich an der Käseweltmeisterschaft 2020. Die Bergkäserei Aschwanden holte sich kurzerhand den Vizeweltmeistertitel. 

Die Nachfrage nach dem Bergkäse der Aschwandens stieg in den letzten Jahren stetig an. Inzwischen erreichen sie eine stattliche Produktionsmenge von rund 180 Tonnen Käse pro Jahr. Ganz schön viel für einen Familienbetrieb. Dementsprechend gross ist die Verantwortung, die Selina Aschwanden als Geschäftsführerin trägt.

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Mit eurem Käse sorgt ihr für Begeisterung. 2020 gab es für diesen den Vizeweltmeistertitel. Was macht ihr besser als andere Käse-Hersteller? 

Ich denke nicht, dass wir etwas besser machen als andere. Wir machen das, was wir am besten können: mit Leidenschaft Käse herstellen. Das widerspiegelt sich bestimmt auch im Geschmack. Uns ist es wichtig, stets die gleiche Qualität zu liefern; dabei spielen natürlich neben der Produktion auch andere Faktoren eine grosse Rolle. So muss beispielsweise auch die Milch einwandfrei sein. Für uns ist Käsen nicht nur ein Job – wir identifizieren uns über dieses Handwerk.

Wir machen das, was wir am besten können: Mit Leidenschaft Käse herstellen. Für uns ist Käsen nicht nur ein Job - wir identifizieren uns über dieses Handwerk.

Mit gerade mal 25 Jahren die volle Verantwortung zu tragen für einen Traditionsbetrieb, ist ganz schön mutig. Wie kam es zu diesem Entscheid? 

Mein Vater hat mich nie dazu gedrängt, den Familienbetrieb zu übernehmen. Im Gegenteil. Ihm war es am wichtigsten, dass der Betrieb eines Tages von jemandem übernommen wird, der genauso viel Herzblut fürs Käseproduzieren hat, wie er. Ehrlich gesagt hatte ich vor ein paar Jahren noch nicht den Wunsch, mich auf diesem Gebiet zu verwirklichen. Ich dachte eher, dass ich im Gesundheitssektor landen würde. Doch dann verschlug es mich doch in eine Käserei. Ich machte meine Lehre in einem Betrieb ausserhalb von Seelisberg und war fest entschlossen, eines Tages meine eigene Chefin zu sein. 

Während der Weiterbildung lernte ich meinen heutigen Mann Sämi kennen. Wir merkten schnell, dass wir ähnliche Ziele haben und im Leben etwas erreichen wollen. Als wir meinen Eltern vorschlugen, den Käserei-Betrieb zu übernehmen, ging alles Schlag auf Schlag. Vor allem Sämi war Feuer und Flamme für die Idee und so übernahmen wir Anfang 2022 den Familienbetrieb.

Selina und Sämi in der Käserei in Seelisberg
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Du bist nun Geschäftsführerin der Bergkäserei mit 15 Mitarbeitenden und vor wenigen Monaten auch noch Mami geworden. Das klingt nach einem vollgepackten Tag …! 

(lacht) Es ist durchaus eine Herausforderung und ich bin noch dabei, mich einzupendeln in dieser Rolle, gerade auch, weil ich hohe Ansprüche an mich selbst habe. Ich arbeite sehr gerne und mit viel Leidenschaft. Gleichzeitig ist mir meine Mutterrolle sehr wichtig. Das perfekte Rezept, um alles unter einen Hut zu bringen, habe ich noch nicht gefunden. Meine Tochter ist noch sehr klein und auf mich angewiesen. Da lässt sich der Tag nicht von A bis Z durchtakten. Ich richte mich daher auch nach meiner Tochter. Wenn sie mich braucht, bin ich für sie da. Natürlich habe ich auch grosse Unterstützung von meinem Mann und meinen Eltern, ohne sie wäre es gar nicht möglich. 

Bei deinen verschiedenen Aufgaben und Verpflichtungen bleibt also wohl nicht viel Platz für Selbstbestimmung? 

Das täuscht! Ich fühle mich nie eingeengt oder fremdbestimmt. Es hilft natürlich ungemein, dass ich hier in der Käserei ein stabiles Umfeld habe. In meiner Familie unterstützt man sich gegenseitig und hilft, wo man kann. Mein Mann und meine Eltern passen regelmässig auf die Kleine auf und geben mir dadurch viel Freiraum, damit ich konzentriert arbeiten kann. Ich nehme meine Tochter auch oft mit in die Käserei, denn Wohnen und Arbeiten findet bei uns ja sehr nah beieinander statt.

Ich arbeite gerne und mit viel Leidenschaft. Gleichzeitig ist mir meine Mutterrolle sehr wichtig. Obwohl immer viel los ist bei uns – ich fühle mich absolut selbstbestimmt in meinem Leben.

Dein Vater ist in der Käser-Szene sehr gut vernetzt, hat sich einen Namen gemacht mit seinen Produkten. Wie schwierig ist es für dich, in diese Fussstapfen zu treten und den Erwartungen gerecht zu werden? 

(lacht) Ich merke, dass die Leute mich sehr häufig mit meinem Vater vergleichen. Wir sind uns tatsächlich in gewissen Dingen ähnlich, doch es gibt auch viele Unterschiede. Wir haben eine ähnliche Denkweise, doch im Gegensatz zu meinem Vater habe ich nicht das Bedürfnis, mich auch noch politisch zu engagieren. Auch was die Käserei betrifft, habe ich viele neue Ideen und Ansätze. Mein Vater unterstützt mich vollumfänglich dabei, Dinge anders zu machen als er und die Käserei nach meinen Vorstellungen zu führen. 

Du konntest einen gut funktionierenden Betrieb von deinem Vater übernehmen und dich quasi ins gemachte Nest setzen. So ist es natürlich einfach, ein Familienunternehmen zu führen – sagen bestimmt kritische Stimmen. Was entgegnest du? 

Ja, es ist natürlich schon super-easy. (lacht) Nein, ehrlich gesagt, halte ich es sogar für herausfordernder, einen bestehenden Betrieb zu übernehmen und diesen weiterhin erfolgreich zu führen. Denn die Erwartungen von aussen sind ziemlich hoch und bestehende Strukturen zu ändern, kann auch eine Challenge sein. Dazu gibt es auch in einem bestehenden Betrieb viele Faktoren, die nicht direkt beeinflusst werden können. So ist an manchen Tagen beispielsweise die Milchmenge eines Bauern kleiner als erwartet, bei der Produktion läuft etwas nicht nach Plan oder Mitarbeitende fallen krankheitsbedingt aus.

Wichteli (1)

Selina Aschwanden

Selina Aschwanden ist ausgebildete Milchtechnologin und Geschäftsführerin der Bergkäserei Aschwanden in Seelisberg. Der Familienbetrieb stellt Halbhartkäse aus Rohmilch her, der vor allem als Mutschli verkauft wird. Die gute Zusammenarbeit mit über 30 Bergbäuerinnen und Älplern aus der Region hat der Bergkäserei Aschwanden 2020 sogar den zweiten Platz an der Käseweltmeisterschaft in den USA beschert. www.bergkaese.ch

Flexibel zu sein, ist sicherlich eine der wichtigsten Eigenschaften in deiner Funktion. Doch auch sich stetig neu zu erfinden. Denn wie sagt man: Wer aufgehört hat, besser zu werden, hat aufgehört, gut zu sein. Wie vereint ihr euer Traditionshandwerk mit der nötigen Portion Innovation? 

Für mich ergänzen sich die beiden Aspekte sehr gut. Unser Handwerk, nämlich den naturbelassenen Käse mit einfachen Mittel zu produzieren, ganz ohne Chemikalien, ist und bleibt traditionell. Wir produzieren auch heute noch nach denselben Rezepten wie damals mein Grossvater und beziehen unsere Rohstoffe aus der Region. Nachhaltigkeit war für uns schon immer wichtig. In diesem Bereich wollen wir uns auch weiterentwickeln – womit wir beim Thema Innovation sind. Ich halte es für sehr wichtig, bei aller Tradition stets vorauszudenken und offen zu sein für neue Wege. Sämi und ich haben viele Ideen, einige davon werden wir sicherlich umsetzen. 

Wie geht ihr mit den aktuellen Unsicherheiten im Weltgeschehen um, merkt ihr etwas davon? 

Natürlich machen auch wir uns Gedanken, wie wir uns in solch herausfordernden Zeiten optimal aufstellen können. Schlussendlich geht es ja nicht nur darum, unseren Käse verkaufen zu können, sondern auch darum, den Bäuerinnen und Bauern, die mit uns zusammenarbeiten, weiterhin ihre Milch abnehmen zu können. Es gilt also, neue Lösungen und Ansätze zu finden. Wir haben das grosse Glück, einen erfahrenen Käsermeister in der Familie zu haben. Mein Vater steht uns mit Rat und Tat zur Seite – gerade auch in dieser Zeit. 

Ihr produziert 365 Tage im Jahr Käse – wo bleibt da die Work-Life-Balance? 

Die hat natürlich schon auch Platz. Wir arbeiten zwar oft sechs oder sogar sieben Tage am Stück. Oftmals wechseln Sämi und ich uns auch ab, sodass ich einen freien Tag geniessen kann, während er arbeitet. Dafür gönnen wir uns dann häufiger mal Ferien. Das haben wir schon so gemacht, als ich noch ein Kind war. Auch meine Eltern haben viel gearbeitet, doch wenn es Ferien gab, dann genossen wir diese Auszeit in vollen Zügen. So ist es nun also auch bei Sämi und mir. Dazu haben wir das Glück, dass wir automatisch jeden Tag etwas für die Gesundheit tun. Denn die Arbeit in der Käserei ist körperlich sehr anstrengend. Wenn wir arbeiten, haben wir also das Fitnesstraining gleich inklusive. (lacht)

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