Weshalb er grossen Respekt vor dem Ende seiner Profikarriere hat und welche Entscheidungen sein Leben selbstbestimmt machen, erzählt Roman Wick von den ZSC Lions im Interview.

Roman Wick, seit Sie als Teenager Hockeyprofi wurden, bestimmt dieser Sport Ihr Leben. Nun stehen Sie mit 34 Jahren vor der grössten beruflichen Veränderung Ihrer Karriere: Sie haben angekündigt, dass nach dieser Saison Schluss ist - und ausgerechnet jetzt stellt die Corona-Pandemie vieles in Frage. Wie gehen Sie damit um?
Als ich das Ende meiner Profi-Zeit angekündigt hatte, gab es das Thema Corona noch nicht. Dann erlebten wir einen Lockdown und den Abbruch der Saison. Wenn sich etwas Ähnliches wiederholt, lasse ich offen, wann ich aufhören werde. Ich liebe das Hockeyspielen zu sehr, um es einfach auslaufen zu lassen.

Ihnen ist es also wichtig, das Kapitel Profisport eigenständig zu beenden?
Ja. Mein Ziel war es immer, mindestens bis 35 zu spielen. Alles, was danach kommt, plane ich von Jahr zu Jahr. Dabei muss man ehrlich zu sich selbst sein und die Situation realistisch anschauen.

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Wie stellen Sie sich den Abschluss der Karriere als Spieler vor?
Mit einem Meistertitel natürlich.

Und wenn das nicht klappt?
Um als Profispieler aufzuhören, muss die Einstellung stimmen - unabhängig von einem Titelgewinn.

Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg auf dem Eis?
Wenn ich alles für den Teamerfolg gegeben habe. Und dann natürlich die Siege mit der Mannschaft. Was man da mit den Jungs erlebt, das bleibt das ganze Leben im Herzen.

Und neben dem Eis?
Die Liebe und Familie haben oberste Priorität. Wenn es mit der Liebe gut läuft, ist alles gut im Leben.

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«Man sollte tun, was man gerne macht und nicht aufgeben.»

Roman Wick, ZSC Lions

Ihnen wird eine lockere Seite zugeschrieben. Können Sie auch entspannt an die grosse Veränderung herangehen, die das Ende der Profikarriere mit sich bringt?
Diese Veränderung wird krass. Ich nehme sie definitiv nicht auf die leichte Schulter. Seit ich 16 Jahre alt bin, weiss ich weit im Voraus, wann Ferien, Tests, Spiele und die Playoffs anstehen. Das ist schön und ein Privileg, denn so kann ich mich voll aufs Hockeyspielen konzentrieren. Sobald das vorbei ist, muss ich einen neuen Rhythmus finden und die Frage beantworten, was mich glücklich macht. Das macht mir keine Angst, aber ich habe Respekt davor.

Das Spiel auf dem Eis dominiert Ihren Alltag. Ihre Interessen hingegen sind vielfältig. Sie spielen zum Beispiel Gitarre und haben mit Ihrer Band ein Album aufgenommen - im Studio von Baschi. Wie kam es dazu?
Als ich klein war, hat mir mein Vater die ersten Takte beigebracht. Anfang 20 habe ich die Gitarre wieder zur Hand genommen und die Musik entwickelte sich zu einem grossen Hobby. In Kloten spielten andere in der Mannschaft auch Instrumente, wir trafen uns zum Jammen - und als die Nachbarn motzten, suchten wir einen Bandraum. Ins Album-Projekt sind wir reingerutscht. Baschi und sein Geschäftspartner Phil Merk hörten sich unsere Lieder an, luden uns ins Studio ein und meinten es ernst mit dem Album.

Und zur Band gehört eine Bar? Oder wie kommt es, dass Sie an einer Restaurant-Bar mitten in Zürich beteiligt sind?
Nein, das entstand unabhängig davon. Mit Kollegen bekam ich die Chance, für die Fussball-WM 2014 ein Popup-Lokal bei der Langstrasse in Zürich zu betreiben. Das gab es damals noch nicht so oft, es lief super und wir bekamen danach das Angebot für einen Fünfjahresvertrag. Da haben wir die «Stubä» gegründet.

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Das Ende als Profi macht mir keine Angst, aber ich habe Respekt davor.

Dieses Interview führen wir in den Räumen Ihres neusten Projekts: Eine Firma, die Escape Rooms betreibt, also mit Fluchtspielen für organisierten Nervenkitzel sorgt. Wie sind Sie dazu gekommen?
Meine Schwester und ich lieben das Spielen, und wir haben zusammen einige Escape Rooms ausprobiert. Uns sind grosse Unterschiede aufgefallen und wir dachten, dass man vieles anders machen kann. Als wir in Kloten passende Räume fanden, haben wir nicht lange gefackelt und «Next Level Escape» gegründet. Da kümmere ich mich unter anderem ums Game- und Sound-Design.

Game-Design, Gastro-Szene, Musik: Lockt nach der letzten Saison als Profispieler die grosse Freiheit mit vielen Optionen - oder gibt es eine gewisse Unsicherheit, wohin das führen wird?
Die Zukunftsplanung ist ein Prozess. Deshalb habe ich auch schon am «Athletes Network-Programm» teilgenommen. Dort geht es darum, für die Zeit nach dem Profi-Leben neue Denk- und Handlungsmuster zu entwickeln. Ich könnte mir gut vorstellen, eine Ausbildung Richtung Design-Handwerk zu absolvieren.

Wann hatten Sie im Leben das erste Mal das Gefühl, selbstbestimmt zu agieren?
(überlegt lange) Als ich bei der Stubä mitunterschrieben habe. Da realisierte ich: «OK, jetzt bin ich Bar-Inhaber. Und ich habe keine Ahnung, was daraus wird».

Was bedeutet für Sie Selbstbestimmung?
Ein Privileg. Ich schätze es, Dinge zu tun, die mir Freude machen. Wenn ich mich entsprechend entscheiden kann, fühle ich mich selbstbestimmt.

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Erfolgreich bin ich, wenn ich alles für den Teamerfolg gegeben habe.

Was raten Sie jungen Menschen, die ihr Leben eigenverantwortlich führen wollen?
Tun, was man gerne macht und nicht aufgeben. Für mich bedeutet Selbstbestimmung, meinen Interessen und Vorlieben nachzugehen. Das gibt mir positive Energie. Hockey machte mir bereits als Kind Freude. Deshalb spielte ich gerne und oft, wurde dadurch besser und hatte noch mehr Freude. Und ich bin ehrgeizig. Auch auf der Gitarre übe ich so lange, bis es klappt. Das macht mir Spass und führte auch in der Musik vom einen zum andern.

Wie handhaben Sie das Thema Finanzen und Vorsorge?
Ich habe ein gutes Netzwerk mit vertrauenswürdigen Leuten aufgebaut. Und mein Vater ist eine grosse Hilfe. Selbst weiss ich auch immer mehr darüber. Die Vorsorge regle ich für mich persönlich.

Welchen Traum wollen Sie sich erfüllen?
Reisen ohne Zeitdruck. Ich träume von einer grossen Safari in Afrika mit meiner Freundin und einer guten Kamera.

Bilder und Videos: Giorgia Müller
Text: Simon Eppenberger

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Nicht immer war für Roman Wick (1985) klar, dass er Hockeyprofi wird. Er stand zwar seit seinem fünften Lebensjahr auf Schlittschuhen, doch als Bub wollte er plötzlich lieber Fussball spielen. Diesem Wunsch kamen die Eltern nach, auch wenn sein Vater Marcel Wick selbst jahrelang in der damaligen Nationalliga A auf dem Eis stand. Nach einem Sommer mit dem runden Leder kehrte er jedoch umgehend zum Puck zurück und blieb dabei. 2002 startete Wick bei den Kloten Flyers seine Karriere. Nach zwei Jahren bekam der rechte Flügel ein Angebot aus Nordamerika und spielte bis 2006 in Übersee. Danach folgten vier Jahre bei seinem Stammverein in Kloten, bevor er 2010/2011 erneut in Nordamerika engagiert war. Wick gewann die Meisterschaft der American Hockey League. Anschliessend lief er wieder für die Kloten Flyers auf und wechselte 2012 ins Team der ZSC Lions. Mit diesem Club gewann er 2014 und 2018 den Schweizer Meistertitel. Für die Schweiz spielte Wick an drei A-Weltmeisterschaften und zweimal an den Olympischen Winterspielen.

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