Nachhaltigkeit ist das Buzzword der Stunde. Auch in der Finanzwelt geht es derzeit oft um grünes Geld und nachhaltige Anlagen. Fakt ist, das Thema ist komplex. Viele Aussagen sind widersprüchlich. Wir bringen die fünf geläufigsten Behauptungen und stellen sie der Einschätzung unseres Finanzexperten Rico Keller gegenüber.

Damit die europäischen Klimaziele erreicht werden, müssten gemäss EU-Kommission schätzungsweise 180 Milliarden Euro pro Jahr klimafreundlich investiert werden – dem Finanzsektor kommt dabei eine Schlüsselrolle zu. Es geht darum, Geldflüsse in nachhaltige Anlagen zu leiten und einen entscheidenden Beitrag für eine klimaneutrale und kreislauforientierte Wirtschaft zu leisten.

Auch Sie wollen selbstbestimmt definieren, wie Ihr Geld angelegt ist? Eine sinnvolle Möglichkeit ist es, in eine nachhaltige Vorsorge zu investieren. Warum? Je nachdem wie früh Sie mit Ihrer Einzahlung starten, wächst Ihr 3a-Vermögen über viele Jahre. So kann es langfristig positiv für Sie und die Umwelt wirken.

Der Begriff Nachhaltigkeit wird auch im Finanzkontext sehr oft verwendet. Vielen ist nicht klar, was nachhaltige Investitionen genau sind und was sie leisten können. Wir listen Ihnen hier fünf verbreitete Mythen zum nachhaltigen Anlegen auf. Rico Keller, Nachhaltigkeitsexperte bei Swiss Life Asset Managers, schätzt ein und räumt mit Irrtümern auf.

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Mythos 1: Es gibt keine verbindlichen Regeln für nachhaltige Anlagen.

Doch, die gibt es. Die Transparenzverordnung der EU (SFDR) definiert nachhaltige Investitionen ganz klar.

Die SFDR unterscheidet zwei Arten von nachhaltigen Fonds:

  • ESG (SFDR Art. 8)
  • Impact (SFDR Art. 9)

ESG-Fonds müssen in den Bereichen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung deutlich besser abschneiden als der Vergleichsmarkt (z.B. MSCI World). Oft haben sie auch ein entsprechendes Label.

Impact-Fonds gehen einen bedeutenden Schritt weiter: Sie müssen eine messbare Wirkung in der Realwelt haben. Sie müssen neben einer finanziellen Rendite auch ökologische oder soziale Ergebnisse erzielen. Als Beispiel: Ein Impact-Fonds kann darauf abzielen, mehr Wasser aufzubereiten oder mehr erneuerbare Energie zu produzieren. Swiss Life hat klare Richtlinien definiert, was ein Fonds aufweisen muss, um nachhaltig zu sein.

Zugegeben: Es gibt immer noch gewissen Nachholbedarf hinsichtlich Standards. So definiert die SFDR zum Beispiel nur, was ein Finanzprodukt an Informationen publizieren muss, damit es als ESG oder Impact gilt und nicht klare Nachhaltigkeitsziele per se.

Sicher ist: Die wissenschaftliche Grundlage und das Verständnis zum Thema nehmen seit Jahren stetig zu und werden zur weiteren Klärung von Unsicherheiten beitragen. Mit dem steigenden Interesse der Anlegerinnen und Anlegern ist es nur eine Frage der Zeit, bis weitere klare verbindliche Regeln folgen.

Mythos 2: Wer nachhaltig investiert, hat niedrigere Renditen.

Rico Keller: «Nein, das lässt sich so pauschal nicht sagen. Verschiedene Analysen über die letzten Jahre hinweg zeigen, dass die Resultate weder besser noch schlechter als bei konventionellen Anlageprodukten sind. Die erzielte Rendite ist vergleichbar. Es gab in der Vergangenheit auch gewisse Beispiele, bei denen nachhaltige Fonds überdurchschnittlich gute Resultate erzielt haben. Grundsätzlich wichtig: Jede Handlung an Aktienmärkten birgt ein gewisses Risiko – ob nachhaltig oder nicht nachhaltig.»

Ob eine Anlage rentiert oder nicht, hängt auch davon ab, ob das Portfolio aktiv oder passiv bewirtschaftet wird. Bei aktiven Anlagen wie etwa bei Swiss Life bewerten Expertinnen und Experten permanent das Marktumfeld und versuchen, die bestmögliche Entwicklung zu erzielen. Nachhaltigkeit und Rentabilität schliessen sich also definitiv nicht aus.

Mythos 3: Nachhaltige Anlagen werden sich nicht durchsetzen – das ist einfach ein Hype.

Rico Keller: «Stimmt nicht. Hypes zeichnen sich durch ihre Kurzlebigkeit aus. Nachhaltige Investitionen hingegen wachsen seit zehn Jahren markant, wie die aktuelle Marktstudie von Swiss Sustainable Finance verdeutlicht. Besonders auffällig: Seit 2018 ist das Volumen, der als nachhaltig bezeichneten Investitionen jährlich um mindestens 30% im Vergleich zum Vorjahr gestiegen.»

Ein Balkendiagramm, das stetig wächst
Ein Balkendiagramm, das stetig wächst

Laut dem World Economic Forum (WEF) dominieren drei grosse Risiken die Globale Ökonomie für die nächsten zehn Jahre: Klimarisiken, extreme Wetterereignisse und Biodiversitätsverlust. Das zeigt, dass genau diese Risiken nicht nur in der breiten Gesellschaft präsent sind, sondern auch bei den Entscheidungsträgern aus Wirtschaft und Politik. Der Druck auf die Unternehmen, sich mit diesen Risiken auseinander zu setzen und nach Lösungen zu suchen, wird stetig steigen.

Business-Portrait eines Mannes
Das Thema Nachhaltigkeit wird uns noch lange beschäftigen. Die Entwicklung wird wohl ähnlich weitergehen. Auch, weil die Nachfrage seitens Anleger:innen nach nachhaltigen Investitionsmöglichkeiten weiterhin steigt.

Mythos 4: Ich kann mir nicht sicher sein, ob meine nachhaltige Investition wirklich etwas bewirkt.

Rico Keller: «Sie können sich sicher sein, dass Ihre Anlage etwas bewirkt, aber nur dann, wenn der positive Effekt messbar gemacht wird. Ob beim persönlichen Mobilitätsverhalten oder beim Einkaufen, nicht alle Ihre Aktionen haben den gleichen Effekt. Wenn Sie auf das Fliegen verzichten, hat das eine viel grössere Wirkung, als wenn Sie auf Ihren Motorroller verzichten. Bei Ihren Investitionen ist das ganz ähnlich.»

Investitionen haben unterschiedliche Wirkungen: Wenn Sie zum Beispiel Ihr Geld direkt in eine Solaranlage investieren, dann tragen Sie sehr direkt und effektiv zum Klimaschutz bei. Im Vergleich dazu ist die Wirkung indirekt, wenn Sie in Aktien einer Solaranlagen-Firma investieren.

Mythos 5: Bei Nachhaltigkeit geht es nur um Natur – das schränkt die Möglichkeiten stark ein.

Rico Keller: «Stimmt nicht. Als Leitfaden gibt es hier beispielsweise die Nachhaltigkeitsziele der UNO oder auch Sustainable Development Goals (kurz SDG). Mit diesen 17 Zielen haben die Vereinten Nationen die Stossrichtung für nachhaltige Entwicklung definiert. Dabei geht es bei einer Minderheit effektiv um Natur. SDG 1 und SDG 2 sind zum Beispiel klare Ziele, um Hunger und Armut zu bekämpfen. Klar gibt es SDGs im Bereich Umwelt wie das Leben am Land und im Wasser, aber auch Innovation, Gleichberechtigung oder verantwortlicher Konsum und Produktion finden sich in der Liste. Diese SDG dienen oft als Referenzrahmen für thematische Impact-Fonds.»

Business-Porträt eines Mannes

Über Rico Keller

Rico Keller ist Responsible Investment Manager bei Swiss Life Asset Managers. Er absolvierte 2019 seinen Master in Umweltwissenschaften an der ETH Zürich. Mit seiner Arbeit leistet er einen wichtigen Beitrag zum nachhaltigen Investmentansatz von Swiss Life.

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