Erstmals ist «Wilder»-Star Sarah Spale an den Solothurner Filmtagen im neuen Film «Von Fischen und Menschen» zu sehen. Wann sie bei dieser Premiere dabei sein kann, wie sie trotz Corona arbeitet und sich das Leben selbstbestimmt einrichtet, sagt die Schauspielerin im Interview.

Sie stehen derzeit mitten in den Dreharbeiten zur Fortsetzung der Krimi-Serie «Wilder». Das ist nur mit grossem Sicherheitsaufwand, strikter Trennung in Gruppen am Set und regelmässigen Covid-Tests möglich. Wird jemand positiv getestet, droht ein Abbruch des Drehs. Wie ist es, unter diesen angespannten Umständen als Schauspielerin zu arbeiten?
Der Druck ist grösser als sonst, gesund zu bleiben. Deshalb halte ich mich an die Regeln, muss jedoch zulassen, trotzdem nicht alles unter Kontrolle zu haben. Und viel Zwischenmenschliches wie Mimik, Gestik und gemeinsame Essen bleiben auf der Strecke. Aber wir sind froh, eigenständig arbeiten und zusammen funktionieren zu können. Ich versuche, auf dem Set alles Belastende loszulassen, um mich auf die Rolle und das «Jetzt» einlassen zu können. Das gehörte aber schon vor Corona zu meiner Arbeit.

Wie gehen Sie persönlich mit der Corona-Krise um?
Ich bemühe mich um einen angstfreien Alltag. Meine Kinder sollen diese Zeit nicht als traumatisch erleben. Wir geben uns alle Mühe, die Regeln zu beachten und suchen Kompromisse, um dabei trotzdem möglichst frei und selbstbestimmt zu sein. Deshalb sind wir viel draussen, unternehmen Ausflüge in die Natur, machen ein Feuer und bräteln Schlangenbrot sowie Würstli.

Sie sind die Hauptdarstellerin im Drama «Von Fischen und Menschen», das an den Solothurner Filmtagen für den PRIX DU PUBLIC nominiert ist. Ihre Figur verliert gewaltsam die eigene Tochter. Eine Horrorvorstellung für jeden Elternteil. Wie gehen Sie mit der fiktiven Rolle und den eigenen, realen Ängsten um?
Den Verlust des eigenen Kindes tatsächlich nachzuvollziehen, ist nicht möglich. Für mich geht es darum, meine eigenen Erfahrungen und Gefühle an die Emotionen einer Figur anzupassen. Dafür setze ich mich mit den eigenen persönlichen Schmerzen und Schwierigkeiten auseinander und baue Brücken zur Rolle. Das kann einen sehr beschäftigen. Wenn ich jedoch nach Hause komme, lass ich die Figur hinter mir und bin Sarah und die Mami meiner Kinder.

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«Ich gebe keine Ratschläge, aber stärke jeder und jedem den Rücken, den eigenen Weg zu gehen, auf den Bauch zu hören und es auszuprobieren».
Sarah Spale, Schauspielerin

Ihre Kinder sind sechs und zehn Jahre alt. Werden Sie eines Tages Filme wie «Von Fischen und Menschen» mit Ihnen zusammen schauen?
Auf jeden Fall. Da kann ich auch einen grossen Teil meiner Persönlichkeit zeigen. Darauf freue ich mich. Und vielleicht reden wir dann auch über Fragen zu Ängsten, Verlust und Trauer, denen der Film viel Raum lässt. Wann das soweit ist, weiss ich noch nicht, das muss altersadäquat entstehen.

In diesem Jahr finden die Filmtage digital statt. Worauf sind Sie bei dieser Sonderausgabe gespannt?
Festivals funktionieren sehr stark über individuelle Begegnungen. Deshalb bin ich gespannt zu erfahren, wie der Austausch vor und nach den Filmen möglich ist.

Corona schränkt die Menschen und Familien ein. Wo fühlen Sie sich nach wie vor frei und selbstbestimmt?
Ich bin nicht der ängstliche Typ und versuche, eine gewisse Leichtigkeit zu behalten. Als Familie gehen wir viel in den Wald, da können wir uns frei bewegen. Und in den eigenen vier Wänden sind wir sowieso ziemlich selbstbestimmt - abgesehen von Besuchen, die nicht mehr so ungezwungen wie früher möglich sind. Deshalb traf ich mich letzthin mit einer Freundin nicht im Restaurant, sondern am Rhein. Wir sassen in Schlafsäcken auf einer Bank und tranken so unser Bier.

Welcher Moment in ihrer Karriere hat Sie am meisten bewegt?
Es gibt immer wieder Momente, die mich sehr bewegen. Beispielsweise dann, wenn die ganze Crew für «Von Fischen und Menschen» am Ende einer Strasse im Berner Jura einen riesigen Lichtballon in den Nachthimmel steigen lässt. In solchen Momenten zu erleben, wie alle zweihundert Prozent Einsatz geben, um eine eigene Welt zu kreieren und das Beste aus einer Szene herauszuholen, das ist schön und bewegend.

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Sarah Spale (1980) startete ihre Karriere als Schauspielerin im Jungen Theater Basel. Ihr Debüt vor der Kamera gab sie 2002 im TV-Film «Dilemma». Mit «Giulias Verschwinden» war sie 2009 zum ersten Mal im Kino zu sehen. Neben Rollen in Schweizer Filmen spielte sie auch in der internationalen Co-Produktion «Nachtzug nach Lissabon» neben Hollywoodstars wie Jeremy Irons und Christopher Lee. Dem nationalen Publikum breit bekannt wurde Spale 2017 durch die Hauptrolle in der Krimiserie «Wilder». 2020 verkörperte sie die Mutter im Kinoerfolg «Platzspitzbaby». An den Solothurner Filmtagen ist sie im Drama «Von Fischen und Menschen» zu sehen. Der Film ist für den PRIX DU PUBLIC nominiert. Gemeinsam mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern lebt sie in Basel.

Auf welchen Entscheid in Ihrem Leben sind Sie besonders stolz?
Wenn ich nicht weiss, wohin mich eine Rolle führt, worauf ich mich mit meiner Entscheidung da genau einlasse, dann muss ich ins kalte Wasser springen und mich mitreissen lassen. Dies immer wieder zu wagen, macht mich stolz.

Welchen Ratschlag geben Sie einer jungen Schauspielerin, einem jungen Schauspieler, die von diesem Job leben wollen?
Ich gebe keine Ratschläge, aber stärke jeder und jedem den Rücken, den eigenen Weg zu gehen, auf den Bauch zu hören und es auszuprobieren. Ich denke, es ist typenabhängig, wie jemand mit Unsicherheiten und den Bewertungen von aussen umgeht. Ich bin selbst noch immer am Herausfinden, wie ich mit Druck weniger hadere und mit Selbstzweifel und eigenen Erwartungen umgehe.

Welchen grossen Wunsch wollen Sie sich einmal erfüllen?
In Buenos Aires einen Tangokurs besuchen - und zwar so, dass ich Zeit für mich habe und die Kinder in einer Selbstständigkeit sind, die das möglich macht.

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An den «Solothurner Filmtagen» hat neben den Jurys auch das Publikum eine wichtige Stimme. Seit 2007 wählen die Besucherinnen und Besucher unter den nominierten Schweizer Produktionen ihren Lieblingsfilm. Dieser erhält den «PRIX DU PUBLIC», der mit 20’000 Franken dotiert ist.
Er geht an einen der elf Filme, die 2021 zur Auswahl stehen. Die Stimmen bei der digitalen Ausgabe vergeben die Zuschauerinnen und Zuschauer, die sich einen oder mehrere Filme des PRIX DU PUBLIC über die Online-Plattform angeschaut haben und durch den Kauf des Films oder durch das Einlösen eines Promocodes zur Wahl berechtigt sind. Verliehen wird der «PRIX DU PUBLIC» in Zusammenarbeit mit Swiss Life, der Hauptsponsorin der «Solothurner Filmtage».

Bilder: Copyright Filmcoopi
Text: Simon Eppenberger

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