Der junge Schweizer Schauspieler Sven Schelker spielt die Hauptrolle im Kinofilm «Bruno Manser», der an den Solothurner Filmtagen für den «Prix du Public» nominiert ist. Im Interview spricht er über den Umweltschutz, junge Theatergänger und vage Träume.

Du spielst die Hauptrolle im Film «Bruno Manser». Wusstest du vor dem Dreh, wer er war? Als der Umweltaktivist verschwand, warst du ja erst zehn Jahre alt…
Ja. Als kleiner Junge besuchte ich eine Ausstellung über den Regenwald im Naturhistorischen Museum in Basel, bei der das Engagement von Bruno Manser gezeigt wurde. Das Thema Natur interessierte mich schon damals; ich wollte lange Meeresbiologe werden.

Hat sich dein Bild von Bruno Manser während der Vorbereitung zum Film verändert?
Vorher kannte ich vor allem sein Anliegen und seine Aktionen, wie den Hungerstreik, nun weiss ich mehr über ihn als Person. Ich habe seine Schriften gelesen und mit Menschen gesprochen, die ihn gut kannten. Meine Bewunderung für ihn ist weitergewachsen, denn ich sehe, was er alles aufgegeben hat.

Szene aus dem Film «Bruno Manser»: Die Penan errichten gemeinsam mit dem Umweltaktivisten eine Strassenblockade, um die Abholzung des Regenwalds zu verhindern.

Szene aus dem Film «Bruno Manser»: Die Penan errichten gemeinsam mit dem Umweltaktivisten eine Strassenblockade, um die Abholzung des Regenwalds zu verhindern.

Für den Film hast du die Sprache des indigenen Volkes Penan gelernt. Wie wurdet ihr vor Ort empfangen?
Sehr gastfreundlich. Die Penan haben sich mit viel Herzblut für den Film eingesetzt. Verschiedene Penan, die im Film mitspielen, haben Bruno Manser persönlich gekannt. Mich beeindruckt, wie dieses Volk seit Jahrzehnten den Kampf für seine Kultur und seine Umwelt führt. Wir haben in Kalimantan, dem indonesischen Teil von Borneo gedreht. Auf der malaiischen Seite der Insel, wo Bruno Manser lange lebte, hätte die Regierung einen Film über ihn nie erlaubt. Dort ist alles, was mit ihm zu tun hat, weiterhin ein rotes Tuch.

Du hast mehrere Wochen im tropischen Regenwald verbracht. Wie war das für dich?
Es war ein einzigartiges Erlebnis, das mir viel Lebenserfahrung gebracht hat. Im 40 Meter hohen Urwalddickicht spürte ich, wie klein wir Menschen sind. Und die Auseinandersetzung mit der Tradition der Penan war nicht nur fürs Projekt wichtig, sondern auch für mich als Person bereichernd.

Setzt du dich selber für den Umweltschutz ein?
Bruno Manser zu spielen, hat mein Bewusstsein für Menschenrechte und den Umgang mit natürlichen Ressourcen weiter gestärkt. Vor Ort habe ich das Ausmass der Zerstörung mit eigenen Augen gesehen, das ist unglaublich imposant, beunruhigend und auch beschämend. Wir müssen unser Konsumverhalten und unseren Lebensstil hinterfragen. Ich hoffe, der Film trägt dazu bei, dass wir dem Planeten mehr Sorge tragen.

Sven Schelker als Bruno Manser. Der Film ist in Solothurn für den Prix du Public nominiert.

Sven Schelker als Bruno Manser. Der Film ist in Solothurn für den Prix du Public nominiert.

Dein Werdegang wirkt sehr gradlinig: Gymnasium, Schauspielschule, Engagements in Theater und Film. Gab es auch Hürden?
Eigentlich nicht, es ist wirklich alles glatt gelaufen. Ich hatte nie grosse Ziele, ich habe immer das gemacht, womit ich gerade Zeit verbringen wollte – und erhielt jeweils im richtigen Moment gute Möglichkeiten.

Momentan sind Serien im Aufwind. Schaut sich deine Generation überhaupt noch Filme und Theaterstücke an?
Die Vorlieben des Publikums ändern sich immer mal wieder, momentan sind gerade Serien angesagt. Das kann sich auch wieder ändern. Ins Thalia Theater in Hamburg, wo ich auf der Bühne stehe, kommen viele junge Menschen, wir haben einen regen Austausch mit Schülern. Menschen wollen Geschichten erzählt bekommen und emotional angesprochen werden – ob das übers Theater, Kino, Fernsehen oder Handy passiert, spielt keine grosse Rolle.

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Sven Schelker ist Theater- und Filmschauspieler. Er ist 30 Jahre alt und stammt aus Reinach bei Basel. In München hat er an der Schauspielschule Otto Falckenberg studiert. Seit dem Ende der Ausbildung arbeitet er am Thalia Theater in Hamburg. Er hatte auch Auftritte in verschiedenen Film- und Fernsehproduktionen in der Schweiz und Deutschland, unter anderem spielte er in den Filmen «Der Kreis» und «Goliath» eine Hauptrolle

Welcher Film hat dich am meisten geprägt?
Ich kann kein Werk nennen: Es sind einzelne Szenen, Erzählstränge, Blicke und Gesten, die mich packen.

Was willst du während deiner Karriere noch machen?
Schwierig zu sagen… Ich habe vage Träume, aber für viele Rollen braucht es das richtige Alter. Hamlet möchte ich irgendwann spielen. Auch würde ich gern für die Wachowski-Geschwister arbeiten, die mit den «Matrix»-Filmen bekannt wurden.

Was machst du gern als Ausgleich zum Berufsleben?
Ich mache Musik, beschäftige mich mit Musik und gehe gern tanzen. Da ich viel arbeite, bin ich unterdessen auch froh, wenn ich mal einen ruhigen Tag für mich habe.

Wie selbstbestimmt lebst du?
Ich habe den Luxus, dass ich grössere Entscheidungen treffen kann, ohne dass mir irgendjemand reinredet. Wir müssen uns dessen bewusst sein, dass wir in unserer Gesellschaft sehr privilegiert sind, Selbstbestimmung ist für uns selbstverständlich. In anderen Regionen sieht die Situation anders aus.

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Die Solothurner Filmtage sind seit über 50 Jahren das bedeutendste Festival für den Schweizer Film. Mit über 65 000 Eintritten zählt der Anlass zu den renommiertesten Kulturveranstaltungen der Schweiz. Swiss Life engagiert sich seit 2008 als Hauptsponsorin und vergibt den Publikumspreis PRIX DU PUBLIC. In diesem Jahr sind neben «Bruno Manser» noch elf weitere Filme nominiert.

Bist du an den Filmtagen in Solothurn dabei?
Klar! Festivals wie Solothurn und Locarno sind wichtig wegen ihrer Strahlkraft. An den Filmtagen in Solothurn treffe ich jeweils viele Freunde und Bekannte aus der Schweiz. Dazu habe ich sonst wenig Gelegenheit, weil ich schon lange in Deutschland lebe.

Was gefällt dir am Schweizer Film?
Meiner Meinung nach passiert in der Schweiz gerade ganz viel. Es gibt viele junge und ambitionierte Personen vor und hinter der Kamera, die den Mut haben, Sachen auszuprobieren, radikal zu denken und anzuecken. Sie denken nicht nur daran, was gefällt und was sich gut verkauft. Das finde ich spannend.

Bilder Sven Schelker: Petite Machine

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