Wie geht Erwachsenwerden? Und wie schwierig ist das, wenn der Vater der erfolgreichste Rockmusiker der Schweiz ist? Teil zwei unseres Interviews mit Chris von Rohr (68) und seiner Tochter Jewel (18).

Chris, du hast deiner Tochter immer enorm viel Freiheit gelassen. Hattest du nie Angst?
Chris von Rohr: Angst ist ein schlechter Berater. Jewels Mutter hat immer gesagt: Du bist der unerschrockenste Mann, den ich je kennengelernt habe. Das ist ein herrliches Kompliment. Und das möchte ich Jewel auch weitergeben. Unsere Kinder werden hinfallen und in schmerzhafte Situationen geraten. Das Allerwichtigste ist, dass man nicht auf den Schimpftrip kommt, wenn sie mal Scheisse bauen. Sondern dass man nur eines sagt: Steh wieder auf, es kommt schon gut.
Jewel von Rohr: Dads positive Art gibt mir definitiv viel Kraft und Zuversicht, dass es so kommt, wie es muss. Der Weg wird sich irgendwie bahnen. Er steht immer hinter mir und glaubt an mich. Das motiviert mich.
Chris von Rohr: Ich sage ihr immer: Probiere das aus, probiere jenes aus. Mach ein Praktikum, mach einen Sprachaufenthalt. Am Schluss wird sie etwas entdecken, das sie wirklich liebt und bei dem sie auch 110 Prozent geben kann. Ich bin überzeugt, dass sie das findet. Das Problem heute ist, dass das alles viel zu schnell gehen soll. Wir müssen den Kindern wieder Zeit geben. Und dann kommt es gut! Gerade die momentane weltweite Situation zwingt uns dazu, vieles zu überdenken.

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Dads positive Art gibt mir viel Kraft und Zuversicht, dass es so kommt, wie es muss. Er steht immer hinter mir und glaubt an mich. Das motiviert.

Ist der Druck grösser, weil du einen prominenten Vater hast?
Jewel von Rohr: Ja, aber ich lasse mich davon nicht beeinflussen. Ich merke schon, dass ich oft danach gefragt werde und man keinen normalen Job erwartet – eher Musikerin, Künstlerin oder so. Mir spielt das aber nicht so eine Rolle, trotzdem muss es ein Job sein, in dem ich kreativ wirken kann. Ich versuchte mich zum Beispiel mal in der Gastronomie. Aber das war nichts für mich. Dad sagt: Der falsche Job ist ein vorgezogener Tod.
Chris von Rohr: Kommt hinzu, dass Jewel das «kleine Von-Rohr-Imperium» managen muss, wenn ich mal nicht mehr da bin. Solange in meinem Leben jetzt nicht die grosse Göttin auftaucht, die das alles übernimmt, muss Jewel schauen, dass sie weiss, wie sie mit den Banken redet, wie das mit den Immobilien funktioniert oder wie es mit Musik-, Songwriting- und Bücherrechten läuft. Sie muss da eine gewisse Ahnung haben. Den Nachlass zu regeln, finde ich sehr wichtig, so gibt’s keine bösen Überraschungen später.

Das klingt jetzt aber sehr bürgerlich.
Chris von Rohr: Ich würde eher sagen feels like gesunder Menschenverstand! (lacht). Es gibt bei mir einerseits die verspielte, freakige Seite, die voll ausgelebt wird, aber dann gibt es andererseits auch die vorausblickende Seite. Ein bisschen auf den Worst Case vorbereiten muss man sein Kind, wenn man auf die 70 zugeht, sonst handelt man schlicht fahrlässig.
Jewel von Rohr: Für mich bedeutet das wiederum mehr Verantwortung, aber ich finde es auch spannend.
Chris von Rohr: Und natürlich ist der Druck ein anderer, als wenn du ein Kind wärst, das am Hungertuch nagt und jeden Monat schauen muss, wie es seine Zimmermiete, sein Essen und seine AHV-Beiträge auf die Reihe bekommt. Es ist natürlich eine privilegierte Situation. Aber es ist auch kein Verwöhntheitszustand. Jewel ist sehr geldbewusst und wirft die Kohle nicht zum Fenster raus. Sogar wenn sie oder ich etwas kaufen wollen, fragt sie mich manchmal, ob es das wirklich braucht.
Jewel von Rohr: Ich schätze das Leben, das wir haben, und sehe auch die kleinen Dinge. Trotzdem ist es immer toll, wenn ich mein eigenes Geld verdiene. Es ist cool, zu wissen, dass man sich etwas selber erarbeitet hat. 

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Ist Ausziehen ein Thema?
Jewel von Rohr:
Im Moment noch nicht. Wir haben es gut zusammen. Und ich denke, dass sich unsere Beziehung auch dann nicht verändern wird, wenn ich mal ausziehe. Wir werden uns wohl einfach etwas weniger sehen. Aber für ihn wird es wahrscheinlich härter als für mich.
Chris von Rohr: Ja, das wird schon heavy werden, wenn sie mit den Bananenkisten durch die Tür geht. Ich habe das schon mal erlebt, als sie für ein halbes Jahr nach England in einen Sprachaufenthalt gegangen ist. Da habe ich sie gesehen mit ihrem Koffer in dieser Riesenstadt auf eine U-Bahn-Station zulaufen im Wissen, dass ich sie monatelang nicht mehr sehe. Das ist ein heavy Moment, in dem man schon ein paar Tränen verdrücken muss. Aber das gehört halt zum Abnabelungsprozess.

Jewel, überlegst du dir manchmal, wer sich um deinen Vater kümmert, wenn er älter wird?
Jewel von Rohr: Mich würde es freuen, wenn Dad eine gute Partnerin findet, mit der er den Lebensabend geniessen kann. Er weiss, was ihm guttut, und ist sehr selbständig. Klar ist es schade, dass wir nicht so viel Zeit übrig haben.
Chris von Rohr: Ja, das ist vielleicht die einzig dunkle Wolke, die über dem Ganzen schwebt. Ich würde natürlich gerne noch mindestens zehn Jahre dranhängen. Dieser Groove, diese Art von Liebe, von Vater zu Kind und umgekehrt – das ist etwas Einmaliges. Ein Geschenk. Man sollte das zelebrieren, solange es geht. Klar läuft im Leben alles irgendwann ab, doch glaube ich, dass die Sterne von Anfang an günstig für uns standen, und dafür sind wir auch dankbar. Ich kann nichts anderes machen, als jeden gemeinsamen Moment auszukosten und sie langsam auf das vorzubereiten, was kommt. Wir werden aus jeder Phase wie immer das Beste machen und übrigens bin ich ja letzthin in Hamburg Udo Lindenbergs Club der Hundertjährigen beigetreten. Das kommt schon gut und so schnell zerstört uns niemand und schon gar kein elender Fledermausvirus.

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Dank Jewel konnte ich mein inneres Kind wiederentdecken und ausleben. Ich bin durch meinen Job ja selbst ein leicht-füssiger, verspielter Typ und kein normaler 68-jähriger Vater.

Jewel, welche Entscheidungen beschäftigen dich in nächster Zukunft?
Jewel von Rohr: Momentan ist es meine Aufgabe herauszufinden, was mir Freude macht und was mir wirklich liegt. Das ist nicht so einfach.
Chris von Rohr: Etwas, das auch nach getaner Arbeit Erfüllung bringt. Meiner Meinung nach malt sie zum Beispiel gut, aber sie möchte im Moment nichts in dieser Richtung machen. Sie hat so viele Talente. Jewel sieht das Schöne und kann geschmackvoll gestalten. Auch schreiben liegt ihr, aber Journalistin möchte sie trotzdem nicht werden. Und da muss man dann halt Geduld haben und nicht darauf pochen, dass etwas nur aus Prinzip durchgezogen wird. Also das ist meine Meinung, für andere funktioniert vielleicht ein anderer Weg. Jeder Mensch ist anders, eigen und auf der faulen Haut liegt unsere Tochter ja nicht. Solange sie nicht fest eingespannt ist, soll sie viel lesen, reisen, Sprachen lernen, die digitale Welt und das Leben studieren. Ich versichere euch: Ihr zukünftiger Chef wird eine wache, freudige, innovative und herzvolle Person bekommen. Einen ungeschliffenen Diamanten.
Jewel von Rohr: Klar es gibt Tage, da hat man etwas Bedenken, dass da vielleicht nichts kommt. Aber ich vertraue darauf, dass ich das Richtige finden werde. Ich bin noch jung und lass mich auf jeden Fall nicht verrückt machen und bewahre mir meine Neugier und meine Art, die Dinge anzugehen. 

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Chris, was rätst du Jewel für die Zukunft?
Chris von Rohr: Be yourself! Verlass dich auf deinen Instinkt, vertrau auf dich, denn du hast alles in dir drin. Wir haben unseren Job gemacht. Die Basis ist so gut, die Wurzeln sind da und die Flügel beginnen sich zu entwickeln. Und das wird ein schöner Moment sein, wenn du abhebst und deinen Weg findest. Man muss das nicht künstlich forcieren. Das wird automatisch und ganz natürlich kommen. Und übrigens möchte ich noch Folgendes festhalten: Wir finden beide die Beatles und Charlie Chaplin die Grössten. (lacht)
Jewel von Rohr: Kann da was schieflaufen?

Text: Marlies Seifert
Bilder: Thomas Buchwalder, Mario Baronchelli

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