Am Fuss des Napfs, oberhalb des Fontannentals, leben die Zemps auf 1081 M. ü. M. Das Ehepaar hat drei Kinder und betreibt in 4. Generation den Bergbauernhof Ober Pörtere.

Zwei Landwirte geben hierzulande jeden Tag ihren Hof auf. Für Beat und Jeannette Zemp ist das keine Option: Am Fuss des Napf, oberhalb des Fontannentals im Entlebuch bewirtschaften sie in vierter Generation auf Ober Pörtere einen von noch gut 50 000 Bauernhöfen in der Schweiz. «Wir haben es hier oben gut und sind mit wenig glücklich», sagt Bäuerin Jeannette.

Von der Fontanne, einem Eldorado für Abenteurer die hier geduldig winzige Goldplättchen aus dem Bachkies waschen, geht die Strasse stotzig nach oben. Langsam schieben sich die drei Höfe der Pörtere in den Blick, einer nach dem anderen, wie im Zickzack an den steilen Hang genäht. Zuunterst lebt seit ein paar Jahren die Familie Siegenthaler, 500 Meter weiter oben betreiben die Wüthrichs ihren kleinen Hof und ganz zuoberst liegt Ober Pörtere, das Zuhause der Familie Zemp. Der 46-jährige Beat Zemp bewirtschaftet den Hof – 17 Hektar Land und etwa die gleiche Fläche Wald – mit seiner Frau Jeannette (40): «Das Schöne am Bauernsein ist, dass ich grösstenteils selbständig arbeiten, in der Natur und bei den Tieren sein kann. Und mein Mann und ich sind immer beieinander.»

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Er sei, sagt Ehemann Beat «Bauer geworden, weil es mir hier schon immer gefallen hat» – der kargen Existenz und dem täglichen Kampf ums Auskommen zum Trotz: Die Möglichkeit, selber Chef zu sein, das Leben in den eigenen Händen zu halten – kurzum: selbstbestimmt durchs Leben zu gehen, diese Grundlage treibt ihn an – gepaart mit dem Urvertrauen auf seine Umgebung und die Nachbarn: «Man ist nicht alleine und wenn etwas passiert, ist jemand da, der einem hilft. Wir halten hier draussen zusammen. Und darum ist es auch wichtig, dass Kleinbauern unterstützt werden, dass es möglichst keine Abwanderung gibt. Wenn wir hier nur noch wenige Bauern sind, haben wir nichts mehr zu sagen.»

Beat Zemp war erst 21, als er den landwirtschaftlichen Betrieb übernahm. «Klar hätte ich lieber zuerst etwas zur Seite gelegt, mit 100’000 oder 150’000 Franken wäre vieles einfacher gewesen», sagt er. Doch sein Vater hatte gesundheitliche Probleme und Beat war das einzige von sechs Geschwistern, das Interesse am Hof bekundete. Man arbeite zwar mehr, als wenn man irgendwo angestellt sei, dafür könne man aber auch mal eine kurze Pause machen, meint Zemp. Wie zum Beweis setzt er sich mit einem Bierchen ins Gras und zeigt auf die Höfe auf der anderen Seite des Tals: «Die Hügel werden gemäht und genutzt, man schaut zu ihnen, das ist eine wahre Freude.»

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Carmen macht eine Verkaufslehre. Sie fährt mit dem Töffli ins Dorf und von dort aus mit dem Zug nach Wolhusen.

Ein einfaches Leben mit viel Arbeit
Das Tagwerk bleibt das solide Fundament: Um 5.30 Uhr steht die Bäuerin auf, füttert im Winter die 16 Mutterkühe und den Stier oder lässt sie im Sommer auf die Weide. Danach weckt sie ihre Kinder, damit die Buben Ivan (13) und Mike (8) rechtzeitig runter zum Schulbus in Fontannen kommen. Die 16-jährige Carmen fährt mit dem Töffli ins Dorf und von dort aus mit dem Zug nach Wolhusen, wo sie eine Verkaufslehre macht. Derweil mistet die Mutter den Stall aus, kocht und putzt, teilweise auch auswärts, um Geld dazuzuverdienen. Sie kümmert sich um den Garten, hilft beim Heuen und allen anderen Arbeiten, die auf dem Hof anfallen. «Ein Bauer ohne Frau, das ist Chabis», sagt ihr Mann.

Doch vom Generationenhof allein können die Zemps nicht leben, dafür ist er zu klein. Früher arbeitete Beat deshalb zeitweise in den Betrieben seiner Brüder mit; heute ist der Bauer für den Winterdienst zuständig. Mitten in der Nacht steht er dann auf und räumt die Strassen bis nach Schüpfheim respektive Hasle mit seinem Schneepflug.

Meilerhütte

Der Kohleplatz von Beat Zemp: Als er seinen ersten Meiler stellte, schauten die Profis vorbei und gaben Tipps.

Bauer macht Kohle
Um das Auskommen der Familie zu sichern, hat sich der Vater mit der Herstellung von Holzkohle ein zweites Standbein aufgebaut. Einen Teil des Holzes, das er im eigenen Wald schlägt, verwendet er fürs Kohlen (www.koehlerei.ch). 90 Ster Holz, über 60 Kubikmeter, braucht Zemp für einen Kohlemeiler, der während den drei Wochen, in dem er verbrennt, alle zweieinhalb Stunden kontrolliert werden muss und am Schluss neun Tonnen Holzkohle hergibt. Die gute Holzqualität aus dem eigenen Wald verkauft er zudem in eine Sägerei; mit dem Rest wird das Haus geheizt – die Natur hilft zum Leben.

Zemps bewirtschaften ihren Hof auch mit Blick in die Zukunft. «Wir kümmern uns darum, leben davon und schauen, dass die Nächsten wieder davon leben können.» Ob es mal soweit kommen wird? Die Bauersleute auf Ober Pörtere lassen es auf sich zukommen. «Solange ich gesund bin, möchte ich bauern», sagt Beat. Wenn aber dereinst die nächste Generation den Hof übernehmen möchte, «dann gehen wir raus, mer hocked do ned ofenand obe.»

Text: Yvonne Eckert, Bilder: Festland, Kevin Wildhaber

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