Rebecca Clopath hat viele Hüte auf: Wenn es nicht ihre Kochhaube ist, ist die gebürtige Bündnerin auch Bäuerin, Speakerin und Unternehmerin. Auf ihrem Biohof lebt sie ein Gesamtkonzept: Achtsamkeit, Entschleunigung und Naturverbundenheit.

Hoch oben, auf über 1600 Metern, gewährt uns Rebecca Clopath einen Einblick in ihr Leben und ihr Schaffen auf dem Biohof Taratsch. Sie erzählt von ihrer Berufswahl und davon, wie sie Philosophie mit Gastronomie verknüpft und was sie als Unternehmerin ganz praktisch beschäftigt.

Rebecca Clopath (36) ist Naturköchin, Speakerin, Unternehmerin und Bio-Bäuerin. Dabei verbindet sie Gourmet-Erlebnisse mit der alpinen Natur.

«Ich war überzeugt, es müsse das Beste auf der Welt sein, wenn man immer etwas Leckeres essen könne.»

Wie kamen Sie zum Kochen? War das schon immer Ihre Leidenschaft und Ihr
Berufswunsch?
Kochen hat mich bereits in der frühen Kindheit geprägt: Meine Mutter hat sehr gut gekocht, es schmeckte immer grossartig und ich habe wahnsinnig gerne gegessen. Ich glaube, meine Leidenschaft fürs Kochen ist daraus entstanden. Ich war überzeugt, es müsse das Beste auf der Welt sein, wenn man immer etwas Leckeres essen könne. Als ich dann aus dem Elternhaus auszog, dachte ich mir: Jetzt wäre es schlau, selbst kochen zu lernen.

2016 sind Sie wieder in Ihre Heimat zurückgekehrt, ins Bergbauerndorf Lohn im Bündnerland. Was hat Sie dazu bewogen?
Es war nicht das Heimweh, das mich wieder nach Hause zog. Vielmehr war es der Wunsch, etwas zu schaffen, das sowohl für mich als auch für andere Menschen sinnvoll ist. Dies konnte ich seither nach meinem Konzept verwirklichen. Ich wollte etwas Ganzheitliches umsetzen. Mit dem Hof und der Gastronomie haben wir ein schönes Spannungsfeld geschaffen.

 

Sie kochen ausschliesslich regional und saisonal, setzen auf Zutaten und Aromen, die man vor der Haustür findet. Warum und was hat Sie dazu inspiriert?
Der Ursprung meiner lokalen Küche hat mehrere Inspirationsquellen. Eine davon ist sicherlich meine Herkunft und der Ort, an dem ich mich entschieden habe zu arbeiten. Ich bin neugierig und grundsätzlich interessiert daran, woher alles kommt. Und drittens ist es die Selbstbestimmtheit, auf die Wiese nebenan zu gehen und zu sammeln, was ich in der Küche brauche. Diese Freiheit bedeutet mir sehr viel.

Auf unserem Bauernhof bauen wir alles gemeinsam an – das Gemüse wird hier gepflanzt und geerntet. Wir haben im Alpenraum so viele einzigartige Produkte. Es geht mir nicht darum, die Transportkilometer der Lebensmittel auf null zu reduzieren, sondern vielmehr darum, diesen Lebensraum zu würdigen und die Achtsamkeit für die Region, in der wir leben, zu fördern.

Lächelnde Frau kocht auf einer Feuerschale

Rebecca Clopath (36) ist Naturköchin, Speakerin, Unternehmerin und Bio-Bäuerin. Auf ihrem Biohof Taratsch verfolgt sie eine einzigartige Kochphilosophie: Sie verwendet ausschliesslich lokale Zutaten, von denen 85% vom eigenen Hof stammen, und verzichtet auf exotische Produkte wie Bananen und Schokolade. Mit ihren Esswahrnehmungen möchte sie den Geschmack der Alpen auf den Teller bringen.

Wie wichtig ist bei Ihrer Kochphilosophie der Nachhaltigkeitsgedanke?
Der Gedanke der Nachhaltigkeit ist für uns fundamental. Dort beginnen wir, das ist der Kern. Wir selbst sprechen aber nie von Nachhaltigkeit. Dem Wort wurden schon zu viele Stempel aufgedrückt. Ich sage es stattdessen so: Wir möchten naturnah und ehrlich leben und etwas in die Gemeinschaft einbringen. Das heisst, dass wir nicht nur mit Menschen arbeiten, sondern auch mit der Natur im Einklang sind. Das hängt für mich alles mit der Nachhaltigkeit zusammen, die dazu beiträgt, dass unser Planet bewohnbar bleibt.

Gab oder gibt es Momente, in denen Sie an Ihrem Weg zweifeln? Wie gehen Sie damit um?
Ja. Es gibt immer diese Momente, in denen man nicht weiss, ob man sich das Richtige ausgesucht hat. Das hängt immer ein wenig davon ab, wie es gerade läuft. Wenn die Nachfrage nicht da wäre, würde ich anfangen zu zweifeln. Dieses Problem haben wir zum Glück nicht. Unsere Erlebnisgastronomie läuft super.

Frau mit Brille erntet Gemüse aus ihrem Garten
Frau mit Brille erntet Gemüse aus ihrem Garten

Im hofeigenen Gewächshaus zieht Rebecca diverse Kräuter und Salate.

Aber hier in der Region ist mein Konzept ungewöhnlich. Deshalb darf ich immer wieder nachhaken und aufklären. Anders als im urbanen Raum, wo neue Ideen und Entwicklungen dazugehören und auf fruchtbaren Boden fallen. Darum frage ich mich täglich, ob wir den richtigen Standort und das richtige Konzept haben. Und ob es mich und die Menschen, die mit mir zusammenarbeiten, erfüllt.

«Der Gedanke der Nachhaltigkeit ist für uns fundamental. Dort beginnen wir, das ist der Kern.»

Fühlen Sie sich finanziell selbstbestimmt?
Als ich noch Angestellte war, schien mir die Selbstbestimmung den Selbstständigen vorbehalten zu sein. Jetzt, da ich selbstständig bin, merke ich, dass es weitaus komplexer ist. Seit der Übernahme meines elterlichen Hofes habe ich nicht sehr viele finanzielle Ressourcen. Trotzdem bleiben mir gewisse Freiheiten erhalten. Aber ich denke, «frei» bin ich in finanzieller Hinsicht noch lange nicht. Vielleicht werde ich das irgendwann einmal.

Frau bereitet Häppchen und Kuchen auf einem Tisch zu

«Die Esswahrnehmungen hier auf dem Biohof Taratsch fühlen sich an, als würden wir eine Kunstinstallation schaffen, bei der wir allein entscheiden dürfen. Wir müssen keine Regeln befolgen. Es war immer mein grosser Wunsch, mir diesen freien Raum zu schaffen.»

Rebecca Clopath

Sie sind nicht nur Köchin und Chefin, sondern auch Bio-Bäuerin und Hofbesitzerin. Welches sind die grössten finanziellen Herausforderungen, denen Sie dabei begegnen?
Die grösste finanzielle Herausforderung ist ganz klar die Entlöhnung der Mitarbeitenden. Unsere Kalkulation muss aufgehen. Wenn wir gut gebucht sind, dann ist die Welt in Ordnung. Ist ein Monat aber nur halb gefüllt, dann werde ich bereits nervös. Einerseits möchte ich einen Lohn bezahlen, von dem meine Mitarbeitenden gut und anständig leben können. Andererseits muss auch das Geschäft selbst überleben. Da muss ich immer Jonglieren.

Beschäftigen Sie sich mit Ihrer Altersvorsorge?
Ja, ich beschäftige mich mit meiner Altersvorsorge. Glücklicherweise habe ich seit Anfang 20 zwei 3a-Säulen. Und auch heute stocke ich regelmässig auf, wenn etwas übrigbleibt. Ich wurde früh selbstständig, und das zudem in einer Branche, in der der Gewinn sehr klein ausfällt. Dadurch ist meine Altersvorsorge vermutlich eher Haus und Hof. Das gibt mir Stabilität.

Zwei Frauen kochen draussen zusammen
Zwei Frauen kochen draussen zusammen

Auf dem Biohof Taratsch gehen Rebecca Clopath einige Mitarbeitende zur Hand.

Gönnen Sie sich manchmal auch etwas Luxus?
Seit ungefähr zwei Jahren mache ich einfach mal frei. Ich denke, das ist der grösste Luxus: einen Tag auszuchecken und nicht verfügbar zu sein. Dabei geht es gar nicht darum, irgendetwas zu machen. Ich kann auch einfach nichts machen. Für mich eigentlich das Schönste.

Und in welchen Bereichen sind Sie sparsam?
Am sparsamsten bin ich mit kleinem «Schischi»-Kram. Bis ich mir ein paar neue Hosen gekauft habe, hat die alte schon einige Löcher; dasselbe gilt für Schuhe. Die Sohle gibt meistens schon nach. Mir ist wichtig, so wenig Materialismus wie möglich in meinem Leben zu haben. Wir haben bereits genug. Speziell in einem Konstrukt aus Gastronomie und Landwirtschaft ist schon viel da. Darum überlege ich mindestens sieben Mal, ob ich etwas wirklich brauche und möchte.

Welchen Rat würden Sie Ihrem jüngeren Selbst geben, wenn Sie die Möglichkeit dazu
hätten?

Das ist eine witzige Frage (lacht). Ich habe mir diese vor Kurzem beantwortet: Ich würde meinem jüngeren Ich raten, sich zu trauen, in der Schule den Werkunterricht statt den Textilunterricht zu wählen (lacht). Aber ganz ehrlich, es gibt kaum etwas, was ich in der Retrospektive anders machen würde.

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