Die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben ist das eine – wie sieht es denn aus mit der Vereinbarkeit von Führungsposition und Teilzeit? Inga Hassebroek und Andreas Müller geben Auskunft.
Heute ist einer jener Morgen, an denen Andreas Müller, Teamleiter Requirements Engineering und Business Architect bei Swiss Life Schweiz, «nur» zwei Mobilitätskonzepte brauchte, um ins Büro im Zürcher Binz-Quartier zu kommen: den Zug und ein Publibike. Er hat jedoch Abos für alles, was es an Sharing-Angeboten in diesem Bereich so gibt – vom Elektroscooter bis zum Auto. «Mobilität fasziniert mich irgendwie», lacht er. Hauptsache vorwärts? Er lacht: «Ich kann auch ganz gut zur Ruhe kommen. Ich koche zum Beispiel gern, aber dann gleich Pasta, mit Teig und allem, oder Brot.»
Auch Inga Hassebroek braucht den Ausgleich in Form von manueller Arbeit. Die Leiterin SAP Application Services Swiss Life Schweiz hat während des Lockdowns sogar beim Bauernhof in der Nähe angeheuert, einfach, «weil ich wieder mal Menschen um mich brauchte» – oder zur Not halt Kühe. Vom Stallausmisten erweiterte sie ihr Portfolio schnell bis zum Melken – was sie auch heute noch gerne macht. Auch sonst gleicht die 41-jährige Mutter von drei Kindern ihre digitale Arbeit gern mit analogen Tätigkeiten aus: Sie trainiert etwa ein Kinder-Fussball-Team, hat auch schon ein Baumhaus gebaut und liebt es generell, Neues auszuprobieren.
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Seit wann, warum und wie viel arbeiten Sie Teilzeit?
Andreas Müller: Ich arbeite, seit meine Tochter auf der Welt ist, Teilzeit. Das war vor gut elf Jahren. Vorher arbeitete ich 100 Prozent, aber meine Frau hat schon immer klargestellt: «Also wenn wir ein Kind haben, gehen wir beide auf Teilzeit.» Ich war am Anfang – wie wohl viele Männer – etwas skeptisch und habe dann aber richtig Freude bekommen daran und arbeite seither nur noch Teilzeit.
Inga Hassebroek: Ich arbeite zurzeit in einem Pensum von 80 Prozent. Zwischenzeitlich waren es auch mal 60 Prozent.
Das variiert bei Ihnen also?
Inga Hassebroek: Ja, das kann variieren im Laufe des Jahres. In der Regel haben wir die Möglichkeit, das über Gleitzeit zu kompensieren, aber es gab auch Situationen, in denen ich persönlich sagen musste: Ich schaffe gerade keine 80 Prozent, ich brauche 60. Und dann haben mein Vorgesetzter und ich uns das gemeinsam angeschaut und so arrangiert, dass ich Teile meiner Aufgaben delegieren oder abgeben konnte – anstatt dass ich die Führungsposition hätte aufgeben müssen. Andersrum funktioniert es aber auch: Wenn ich sehe, mein Team schafft gerade die Arbeit nicht, es braucht Unterstützung und bei mir passt es gerade, dann kann ich im Dialog mit meinem Vorgesetzten mein Pensum erhöhen.
Andreas Müller, waren Ihre Vorgesetzten auch so offen für Ihren Wunsch nach Teilzeit?
Andreas Müller: Meine Vorgesetzten waren von Anfang an dabei und haben mich unterstützt.
Wie wurde der Entscheid im Umfeld aufgenommen?
Andreas Müller: Wenn man Teilzeit arbeitet und sich bei den Kollegen umhört, ist es recht erstaunlich, was an Reaktionen kommt. Vor allem als Mann wird man dann irgendwie gelobt, dass es megacool sei, dass man Teilzeit arbeite und zur Familie schaue. Spannend war aber, wie sie reagiert haben bei meiner Frau. Als Frau ist die Reaktion häufig: «Wow, du arbeitest? Wie machst du das?»
Inga Hassebroek, was können Sie sagen zur gegenseitigen Beeinflussung von Führungsposition und Mutterschaft?
Inga Hassebroek: Ich höre oft, dass Mütter die besseren Manager sind. Denn wer es schaffe, Beruf und Familie nebeneinander zu handeln, für die sei diese Aufgabe quasi «easy». Ich habe immer versucht, das fernzuhalten von meinem Beruf – es soll niemanden interessieren, ob ich Kinder habe oder nicht, ich möchte ungern als «arbeitende Mutter» betrachtet werden. Mittlerweile sehe ich das nicht mehr so eng. Es kann auch vorkommen, dass ich meinem Team sage: O. k., zu Hause läuft das einfacher. (lacht)
Sie arbeiten als Frau in der IT in einem beruflichen Umfeld, das eher von Männern dominiert ist, und das auch noch in einer Führungsposition: Treffen Sie da auf Vorurteile?
Inga Hassebroek: Grundsätzlich nicht. Die IT ist einfach analytisch dominiert, unabhängig vom Geschlecht. Ich habe immer das Gefühl, ich werde für meine Fähigkeiten beurteilt. Ich hatte nur einmal eine lustige Situation in einem Recruiting-Gespräch, da war es nämlich genau umgekehrt: Dass nämlich HR männlich vertreten war und ich als Vorgesetzte weiblich. Die Person, die sich beworben hat, hat angenommen, es wäre umgekehrt und war auch entsprechend peinlich berührt, als wir das kommuniziert haben (lacht).
Was sind die Vorteile und die Herausforderungen bei einer Führungsposition in Teilzeit?
Inga Hassebroek: Als Teamleiterin hat man viele Hüte auf. Einige davon sind nicht an die Funktion gebunden, fallen aber ebenfalls in den Verantwortungsbereich. Ein Vorteil ist also, dass der Fokus präziser gesetzt werden muss, um die notwendige Aufmerksamkeit auf die laufenden Themen im Team legen zu können. Das heisst zum Beispiel: Keine Projektleitung nebenbei. Das tut jeder Rolle gut, gerade der Führungsposition. Die Herausforderung ist sicherlich eine immerwährende Stellvertretung. Wenn ich also nicht erreichbar bin, sollte immer jemand wissen, was zu tun ist. Im Team selbst oder auf Teamleitungsebene. Dafür braucht es gegenseitiges Vertrauen und Rückendeckung.
Inga Hassebroek, 41, ist Head of SAP Application Services bei Swiss Life. Sie wohnt mit ihrer Familie im Aargau und geniesst dort Freunde, Garten und das Landleben in vollen Zügen. In ihrer Freizeit ist sie für alles Handwerkliche und Kulinarische zu haben und ihr Job neben Swiss Life besteht aus Vereinstätigkeiten in Sport, Kultur und Umwelt (mal passiv, mal aktiv).
Andreas Müller: Es kann manchmal auch von Vorteil sein, wenn durch die Teilzeit etwas mehr Ruhe in eine Problemstellung kommt und nicht unmittelbar eine Antwort erfolgt – in unserem Job geht es ja nicht um Leben und Tod. Es erfordert einfach etwas mehr Organisation, vor allem wenn nebst dem Teamleiter noch mehrere Mitarbeitende Teilzeit arbeiten. Weiter braucht es auch vom Umfeld gewisse Rücksichtnahme und Verständnis, z. B. bei der Terminplanung. Darin hat mich mein Vorgesetzter immer unterstützt. Durch den zusätzlichen freien Tag bin ich zudem ausgeglichener, was auch in mein Team ausstrahlt.
Wie kommt es in Ihrem Umfeld an, dass Sie in einer Führungsposition sind und Teilzeit arbeiten? Ist das überhaupt noch ein Thema?
Andreas Müller: In meinem privaten Umfeld kam noch nie eine Reaktion im Stil von «Wie funktioniert denn das?» oder «Geht denn das?». Eher das Gegenteil: Es wird als völlig normal angeschaut. In meinem Team bin ich auch nicht der Einzige, der Teilzeit arbeitet, von elf Personen sind es drei. Ich fördere das auch bewusst – zum Beispiel auch, wenn ich neue Mitarbeitende suche. Das ist mir ganz wichtig.
Andreas Müller, 49, ist Teamleiter Requirements Engineering und Business Architect bei Swiss Life. Er wohnt mit seiner Familie (eine Tochter, 11 Jahre alt) in Embrach (ZH). In seiner Freizeit geht er joggen, inlineskaten und velofahren oder probiert in der Küche etwas Neues aus.
Und bei Ihnen im Team, Frau Hassebroek?
Inga Hassebroek: In meinem neunköpfigen Team arbeiten drei Personen Teilzeit, zu 60 oder 80 Prozent. Auch da hatten wir schon Wechsel im Pensum, und das ist völlig in Ordnung – genau wie alle von uns auch schon vor der Pandemie regelmässig tageweise im Mobile Office gearbeitet haben. Dass ich selber Teilzeit arbeite, ist überhaupt kein Thema. De facto ist es ja eh so: Ob ich den ganzen Tag einen Workshop habe und nicht erreichbar bin oder ob ich den Tag einfach mit anderen Dingen verbringe – ständige Verfügbarkeit ist eine Utopie.
Fotos: Lukas Mäder
Text: Michèle Roten
Video: Benjamin Weiss
Berufsleben aktiv gestalten
Swiss Life engagiert sich für ein selbstbestimmtes Leben und geht in diesem Sinne auch als Arbeitgeberin mit «Berufsleben aktiv gestalten» einen seit 2016 bewährten und stetig weiterentwickelten Weg weiter. Mit flexiblen Arbeits- und Entwicklungsmodellen fördert Swiss Life Schweiz ihre Mitarbeitenden darin, die Chancen der heutigen und der künftigen Arbeitswelt eigenverantwortlich zu gestalten. Dabei liegt der Fokus auf «Employability – Arbeitsmarktfähigkeit durch stetige Weiterentwicklung», «Diversity – Vielfalt als Erfolgsfaktor» und «Work Ability – Arbeitsfähigkeit durch Vereinbarkeit, Motivation und Gesundheit» – über alle Lebensphasen hinweg.