Diana Wick Rossi war in leitender Position in der Werbebranche tätig, bevor sie 2019 ihr eigenes Unternehmen mitgründete. Die zweifache Mutter setzt sich für bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben ein. Warum dazu zwingend auch die Frage nach Vorsorge und Finanzen gehört, erklärt sie im Interview.

Gehe ich richtig in der Annahme, dass Sie sich als Gründerin und Unternehmerin in Sachen Finanzen ziemlich gut auskennen?
Ich hatte lange Berührungsängste, wenn es ums Thema Geld ging. Mittlerweile habe ich mich aber angenähert respektive die Berührungsängste ablegen müssen. Wenn du ein Unternehmen gründest, kannst du nicht sagen: Das geht mich nichts an. Und sowieso, ich finde, man muss sich dem stellen – gerade als Frau. Verantwortung übernehmen für die finanzielle Selbstbestimmung, das gehört für mich auch zur Gleichberechtigung dazu.

Mit «tadah», einem Co-Working-Space mit angeschlossener Kinderbetreuung, machen Sie und Ihre drei Gründungspartnerinnen sich für das Thema Vereinbarkeit stark. Was sagt uns das: Vereinbarkeit ist ein Frauenthema?
Es dürfte keines sein – und eigentlich auch nicht nur ein Elternthema! Vereinbarkeit von Privatleben und Beruf, das ist auch ein Thema für die alleinstehende Frau mit Pferd, für den Mann, der seine Eltern pflegt, für das Pärchen, das gemeinsam reisen möchte …

«Finanziell selbstbestimmt zu sein ist momentan DAS Thema, auch für mich.»

Diana Wick-Rossi im Interview mit Swiss Life. (Kamera und Schnitt: Raphael Föhn)

Bisher sind es überwiegend Frauen, die in Teilzeitpensen arbeiten und so Vereinbarkeit von Job und Familie erst möglich machen – zulasten, unter anderem, ihrer beruflichen Vorsorge.
Vorsorgetechnisch kann das durchaus aufgehen – solange wir verheiratet bleiben. So ist das System in der Schweiz ausgerichtet. Wenn wir das nicht tun und die Ehe in die Brüche geht, haben wir schnell ein Problem. Meine Mutter blieb mit uns Mädchen lange zuhause. Als mein Vater selbstständig wurde, hat sie dann für ihn gearbeitet. Ohne Lohn gab es natürlich keine Vorsorge, was es nach der Scheidung umso härter machte. Die Arbeitswelt wartet nicht auf eine Frau, die sich 15 Jahre der Care-Arbeit widmete.

Illustration von einer männlichen und einer weiblichen Hand, in der Mitte ein Schnuller
Illustration von einer männlichen und einer weiblichen Hand, in der Mitte ein Schnuller

Verliebt, verlobt, versorgt?

Wie sich Erwerbsbiografien und Haushaltsformen auf den Gender Pension Gap auswirken. Hier finden Sie die ganze Studie.

Unsere Generation ist aufgewachsen mit der Maxime «Du kannst alles erreichen».
Was so schlicht nicht stimmt. Und wollen wir das überhaupt? Aber das ist nochmal eine ganz andere Frage. Fakt ist: Bis 1988 konnte eine verheiratete Frau in der Schweiz noch nicht einmal ein Bankkonto eröffnen – heute fast unvorstellbar. Wir sind also schon weit gekommen und sind sicher gleichberechtigter. Bis wir Eltern werden. Dann rutschen wir wieder ab in die alten Rollenbilder – da kann ich mich selbst nicht von ausnehmen.

Frau am Computer im Büro
Wir Frauen müssen so vieles sein. Diese Erwartungen habe ich satt.

Seit der Geburt Ihrer Kinder arbeiten Sie und Ihr Partner in Teilzeit, Sie derzeit in einem Pensum von 60 bis 70 Prozent. Haben Sie sich damit befasst, wie sich das auf Ihre Vorsorge auswirkt?
Ich habe letztens mal wieder auf meinen Vorsorgeausweis geschaut, zum ersten Mal seit ungefähr zehn Jahren. Damals, als ich noch keine Kinder hatte, war meine berufliche Vorsorge viel besser als die von meinem Mann. Heute sieht das jedoch anders aus. Weil ich daheim geblieben bin, niedrigprozentig gearbeitet habe und der Start-up-Lohn hat jetzt auch nicht wirklich geholfen. Mir ist es aber wichtig, dass wir nicht nur sagen: «Hey Frauen, ihr müsst mehr arbeiten, damit ihr den Gender Pension Gap schliesst.»

Zwei Frauen im Gespräch in Büroküche
Zwei Frauen im Gespräch in Büroküche

Diana Wick Rossi (links im Bild) im tadah-Coworking-Space in Zürich.

Mehr Vollzeitmütter würden aber helfen, diese Lücke zu schmälern.
So einfach ist es eben nicht. Wir Frauen müssen so vieles sein. Diese Erwartungen habe ich langsam satt. Was oft vergessen wird beim Ruf nach «Wir brauchen mehr Frauen in der Teppichetage»: Kinder bekommen macht etwas mit uns. Die wenigsten Frauen in der Schweiz möchten danach Vollzeit arbeiten. Da geht es auch um existierende Normen in der Gesellschaft. Ich finde, jeder soll so mit seiner Familie leben können, wie er will. Aber das System darf kein Lebensmodell bevorteilen. Und es gibt da auch noch die Väter, die Familie zum Familienthema statt zum Frauenthema machen könnten – indem sie eben auch Teilzeit arbeiten beispielsweise.

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Wo würden Sie ansetzen?
Wenn wir den Blick auf unser Vorsorgesystem richten: Warum kann man zum Beispiel in der Lebensphase, in der ein Partner, Frau oder Mann, aufgrund der Care-Arbeit zuhause bleibt, nicht trotzdem in die zweite Säule einzahlen? Dabei ist mir natürlich bewusst, dass sich das nur ein Teil der Betroffenen finanziell leisten kann. Andererseits können wir auch nicht sagen: Die Politik hat eine Bringschuld, die Unternehmen haben eine Bringschuld und wir selbst übernehmen keine Verantwortung und kümmern uns nur um unser eigenes «Gärtli». Das ist einfach das, was mitschwingt in der ganzen Diskussion um bessere Vereinbarkeit, es geht auch um Eigenverantwortung.

Wie sorgen Sie konkret finanziell vor?
In Gelddingen bin ich eher ein sicherheitsorientierter Mensch und so sind wir in der Familie auch aufgestellt. Wir haben Sparkonti, eine Lebensversicherung und Wohneigentum. Ich zahle seit mehr als zehn Jahren in die dritte Säule ein. Und was auch gut für die finanzielle Vorsorge ist: Nicht über die eigenen Verhältnisse leben.

Frau mit Brille sitzt auf Couch

Diana Wick Rossi, Jahrgang 1977, machte als kreativer Kopf erst Karriere in der Werbung, bevor sie 2019 mit drei Geschäftspartnerinnen in Zürich einen Co-Working-Space mit angeschlossener Kinderbetreuung gründete. Die zweifache Mutter ist verheiratet und lebt mit ihrer Familie am Zürichsee.
www.tadah.ch

Finanzen sind auch Frauensache!

Erfahren Sie, was Sie gegen Vorsorgelücken tun können.

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