Mit ein paar Samentüten und ein paar Hacken zogen Christine und Robert Zollinger 1991 aus dem Thurgau ins Unterwallis. Hier wollten sie Samen für Schweizer Gärten produzieren. Solche, die sonst vergessen und verloren gehen. Heute sind es 450 verschiedene Blumen-, Getreide und Kräutersorten, die von drei der vier Söhne vermehrt werden. Damit sorgen sie schweizweit für Nachwuchs im Garten.

Ein kleiner Ort im Walliser Chablais, da, wo die Rhone in den Genfersee mündet. Hohe Berge auf beiden Seiten des Tales, unten eine fruchtbare Ebene. Hier spielt sich eine Familiengeschichte ab, wie sie nur das Leben schreiben kann. Eine Geschichte voller Leidenschaft für eine Sache, voller Eigenverantwortung und Durchhaltevermögen. Es ist die Geschichte eines jungen Paares, das seine alte Heimat zurücklässt, um hier seinen Traum zu leben. Ein Paar, das Jahre später wieder von hier wegzieht – um der Zukunft willen.

Es ist ein sonniger Morgen in Les Evouettes. Die drei Brüder Tulipan, Til und Tizian Zollinger stehen mit ihren Mitarbeitenden um einen Tisch neben den Feldern ihres Betriebes. Sie essen Gipfeli, trinken Kaffee und freuen sich über ihren neusten Coup: Sie haben eine nachhaltig produzierte Kosmetiklinie lanciert und damit den «Prix Créateurs» gewonnen, einen Preis, den der Kanton Wallis für besonders innovative Projekte vergibt. Wie kommen bloss Samenzüchter auf die Idee, Salben und Seifen zu produzieren?

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Diese Geschichte fing einzig und alleine mit Samenzucht an. Robert und Christine Zollinger, die Eltern der drei Brüder, sind vor 30 Jahren voller Enthusiasmus hier an den Genfersee gezogen. Die beiden hatten sich im Gartenbaustudium in Wädenswil kennengelernt und hatten einen grossen, gemeinsamen Traum: eine professionelle, biologische Saatgutzucht, wie es sie bis dahin in der Schweiz nicht gab. Dazu war ihr Zuhause im Kanton Thurgau jedoch nicht geeignet. Samenbau braucht ein mildes Klima, eine möglichst lange Vegetationsperiode, damit aus Samen eine Pflanze mit Blüte und aus der Blüte Samenstände entstehen können. «Wir suchten in der ganzen Schweiz nach einem geeigneten Stück Land», erzählt Robert Zollinger. Schliesslich fanden sie einen kleinen Hof in Les Evouettes und zogen über die Sprachgrenze ins Unterwallis, wo sie mit nicht viel mehr als ein paar Hacken und ihrer Saatgutsammlung ankamen. Der erste Katalog umfasste zwölf Sorten. Heute sind es rund 450. Zu den ehemals sieben Hektaren Land sind weitere 23 Hektaren dazu gekommen. Zollinger-Samen sind mittlerweile jedem Hobbygärtner ein Begriff.

So spriesst ein Samen

Entwicklung vom Samen zum Keimling innert 24 Tagen

5 Tage
Kompakt verpackt: Ein Samen enthält den ganzen Bauplan der künftigen Pflanze.
12 Tage
Möglichst schnell nach oben – der Keimling sucht instinktartig nach Licht.
17 Tage
Die Wurzeln sorgen für Bodenhaftung und nehmen Wasser und Nährstoffe auf.
24 Tage
Hoch hinaus: Einmal richtig geerdet, steht dem Wachstum nichts mehr im Weg.

«Wollen wir einen Rundgang machen?», fragt Tulipan Zollinger. Rund um den kleinen Hof liegen die grossen Felder, auf denen in streng eingehaltener Fruchtfolge die verschiedenen Gemüse-, Blumen- und Getreidesorten angebaut werden. In einem der Folientunnels trocknen gerade die Samenstände von Randen, Fenchel und dem japanischen Kraut Shiso nach. Später werden diese gedroschen und grob gereinigt. Schliesslich müssen die Samenkörner von den Hülsen getrennt werden, wozu verschiedene Maschinen zum Einsatz kommen. Mit Luftstrom, Rütteltisch und Sortiermaschinen wird die Spreu vom Weizen getrennt. Anders läuft es bei Tomaten, Kürbissen und ähnlichem Gemüse, bei denen der Samen erst aus dem Fruchtfleisch gelöst und dann getrocknet werden muss. In kleinen Fässern in einem dunklen Raum werden die Samen anschliessend gelagert. Von den winzigen Kamillensamen bis zu den über einen Zentimeter grossen Bohnensamen. Von den unkomplizierten Peperoni, die auch nach 20 Jahren Lagerung noch zuverlässig keimen, bis zu den diffizilen Pastinaken, die schon nach einem Jahr nicht mehr gedeihen wollen. Alle sechs Monate holt ein Mitarbeitende aus jedem Fässli eine Probe und überprüft die Keimfähigkeit.

Generationenwechsel: Seit vier Jahren entscheiden die Kinder
Am Familientisch wurde oft über das Geschäft gesprochen; Arbeit und Familienleben flossen ineinander. Die Söhne leben es nun anders: Sie haben den Hof, ihr einstiges Familienhaus, zu Büroräumen umgebaut und wohnen selber irgendwo in der Umgebung.Seit vier Jahren haben sie das Sagen in der Firma. Für ihre Eltern stellte sich 2016 auf einmal die Frage, ob sie ihr Lebenswerk den Söhnen übergeben wollten. Alle drei standen damals fast gleichzeitig vor der lebensverändernden Entscheidung, wie es beruflich weitergehen sollte. Da, wo sie angestellt waren, nächste Karriereschritte angehen? Oder in der Firma der Eltern einsteigen? Die Eltern und ihre Söhne realisierten: Entweder wir vollziehen den Generationenwechsel jetzt. Oder vielleicht nie mehr.

Kaum waren die drei am Ruder, entwickelten sie die Firma weiter: ein neuer Look, Verkauf von nachhaltig produziertem Gartenbedarf, verstärkter Fokus auf das Geschäft im Internet mit eigenem Blog und Anleitungsvideos für Hobbygärtner. Als weiterer Schritt werden die Produktepalette um einen Bio-Getreideriegel und die Kosmetiklinie erweitert. Damit wolle man die Pflanzen aufwerten, von denen man ja bloss die Samen ernte, deren Stängel, Blätter oder Fruchtfleisch aber ebenfalls viel zu bieten hätten. Deshalb lassen sie zum Beispiel aus Lein, Kornblumen oder Tomaten die Essenzen extrahieren für die Kosmetikprodukte.

Die drei Brüder stehen in ihrer Gärtnerei.

Als Leiter der Samengärtnerei ziehen Til, Tizian und Tulipan Zollinger (v. l. n. r.) am gleichen Strick, möchten sich aber nicht auf die Füsse treten. Darum haben sie ihre Kompetenzen und Zuständigkeiten klar geregelt. Tulipan ist für den Katalog, die Website und den Kundendienst verantwortlich, Til macht die Buchhaltung und die Finanzen und Tizian, der Gemüsegärtner gelernt und dann Pflanzenzüchtung studiert hat, kümmert sich um die Produktion. Und dann gibt es auch noch den vierten Bruder, den 27-jährigen Falc, der Gartenbau studiert hat, derzeit noch in einem Bundesamt arbeitet, aber irgendwann auch zu seinen drei Brüdern stossen möchte Was den Auftrag ihrer Firma betrifft, sind die Brüder einer Meinung: Das einmalige Sortiment an wertvollen und regional angepassten Sorten muss erhalten bleiben.

Saatgut: «Die Lebensversicherung für uns Menschen in der Schweiz»
Ob man nun mit dem ältesten Sohn Tulipan oder mit Vater Robert spricht – die ganze Familie scheint das gleiche Feuer für das Thema Saatgut zu haben. Denn am Ende gehe es um sehr viel, sagt Tulipan Zollinger: «Es ist die Lebensversicherung für uns Menschen in der Schweiz.» Je mehr verschiedene Sorten man in der Schweiz erhalte, desto grösser sei der Gen-Pool und somit auch die Chance, eines Tages neue Sorten züchten zu können, sollten die alten auf einmal von irgendeiner Krankheit oder einem Schädling befallen und zerstört werden.

Er und seine Brüder sehen sich deshalb auch als fürsorgliche Hüter dieser einzigartigen Sorten, um sie dereinst an die nächste Generation weitergeben zu können – so wie es Robert und Christine Zollinger vor vier Jahren gemacht haben. Vater Zollinger gibt unumwunden zu, dass es kein einfacher Schritt war: «Meine Frau und ich hätten damals gerne noch ein paar Jahre weitergearbeitet.» Es habe aber einen klaren Schnitt gebraucht, sagt der Vater. «Damit die Söhne selbstbestimmt schalten und walten können.» Deshalb zogen Christine und Robert Zollinger nach dreissig Jahren im Unterwallis wieder zurück in den Kanton Thurgau. Dort gründete Robert Zollinger ein Beratungsbüro und gibt nun seinen Erfahrungsschatz in diversen Saatgutprojekten weiter. All dies, um den Nachwuchs in guten Händen zu wissen. Den Nachwuchs für den Garten. Und den Nachwuchs für die familiäre Passion.

Text: Sarah Fasolin
Bild: Olivier Vogelsang

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Kontakt: 079 674 38 95; Albert.Kololli@swisslife.ch

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