Was passiert, wenn Sie infolge einer schlimmen Krankheit, eines Unfalls oder einer Demenz zukünftig nicht mehr fähig sind, eigenständige Entscheidungen zu treffen? Mit einem Vorsorgeauftrag bleiben Sie auch unter diesen Umständen selbstbestimmt und legen fest, wer Sie bei einer Urteilsunfähigkeit vertreten soll.
Ein Unfall oder die Folgen einer schweren Krankheit stellen Ihr Leben auf den Kopf. Wer übernimmt Ihre Angelegenheiten, wenn Sie urteilsunfähig werden? In einem Vorsorgeauftrag halten Sie genau fest, wer was in Ihrem Interesse entscheidet und unternimmt, sodass Sie auch im Schicksalsfall bestmöglich selbstbestimmt bleiben.
Gemäss einer Bevölkerungsbefragung von Pro Senectute Schweiz verfügen 20% der befragten Personen über einen Vorsorgeauftrag. Im Jahr 2017 waren es noch 12%. (Resultate Befragung «Vorsorge» 2021, gfs-zürich).
Was ist ein Vorsorgeauftrag?
Mit einem Vorsorgeauftrag legen Sie fest, welche natürliche(n) oder juristische(n) Person(en) im Fall Ihrer Urteilsunfähigkeit für Sie entscheiden und Ihre Interessen vertreten. Hierunter fallen die Bereiche Personensorge, Vermögenssorge und auch die Vertretung im Rechtsverkehr.
- Personensorge: Hierunter fallen sämtliche persönliche Aspekte des Alltags wie die Betreuung und die Vertretung in alltäglichen Belangen, die Gesundheitssorge (ärztliche Untersuchungen), die Anstellung von Pflegepersonal, die Auflösung des Haushaltes, der Aufenthalt in einer Klinik oder auch die Heimeinweisung.
- Vermögenssorge: Hierunter fallen sämtliche Aspekte rund um das Vermögen wie die Prüfung und die Bezahlung von Rechnungen, Steuerangelegenheiten, die Verwaltung von Bankvermögen und Grundstücken, die Verfügung über Bankguthaben, die Erhöhung oder die Reduktion von Hypotheken oder der Kauf und der Verkauf von Grundstücken.
- Vertretung im Rechtsverkehr: Hierzu gehören sämtliche rechtsgeschäftlichen Handlungen.
Tipp
Sie können eine Person in allen Bereichen beauftragen oder auch für jeden einzelnen Bereich eine andere Vertretungsperson bestimmen. Es ist empfehlenswert, Ersatzpersonen zu bestimmen, falls die definierte Person nicht (mehr) in der Lage ist, den Auftrag auszuführen.
Warum ist ein Vorsorgeauftrag sinnvoll?
- Mit einem Vorsorgeauftrag bleiben Sie auch im Fall Ihrer Urteilsunfähigkeit selbstbestimmt.
- Besonders bei im Konkubinat lebenden Paaren ist ein Vorsorgeauftrag wichtig, da Sie so Ihrem Partner bzw. Ihrer Partnerin umfassende Vertretungsrechte zusichern können, die aktuell gesetzlich nicht gegeben sind.
- Auch bei Ehegatten ist ein Vorsorgeauftrag sinnvoll, da das gesetzliche Vertretungsrecht nicht alle Handlungen umfasst. Es können Handlungen notwendig werden, bei denen die Erwachsenenschutzbehörde zur Zustimmung beigezogen werden muss.
Was muss ich beim Vorsorgeauftrag beachten?
Es ist wichtig, dass Sie eine Person einsetzen, der Sie vertrauen und die bereit ist, Ihre Interessen zu vertreten. Besprechen Sie mit der ausgewählten Vertretungsperson, was Ihnen wichtig ist und wo Sie Ihre wichtigen Dokumente aufbewahren.
Im Rahmen der einzelnen Bereiche sind Weisungen und Wünsche möglich. Hierzu zählen zum Beispiel die Bestimmung eines Vertrauensarztes oder einer Vertrauensärztin, die Wahl von Pflegepersonen, das Verbot der Veräusserung gewisser Vermögenswerte oder auch eine bestimmte zu befolgende Anlagestrategie.
Ein Vorsorgeauftrag ersetzt bis zu seinem Inkrafttreten keine (Bank-)Vollmachten. Zudem dürfen in einem Vorsorgeauftrag keine testamentarischen Verfügungen enthalten sein. Darüber hinaus sollten Sie keine «Notfallverfügungen» für medizinische Entscheidungen aufnehmen. Hierfür empfehlen wir, separat eine Patientenverfügung aufzusetzen.
Wie erstelle ich einen Vorsorgeauftrag?
Den Vorsorgeauftrag können Sie selbstständig handschriftlich verfassen. Wichtig ist, dass Sie diesen mit Datum und Unterschrift versehen. Es besteht auch die Möglichkeit, den Vorsorgeauftrag von einem Notar erstellen und beurkunden zu lassen.
Widerruf und Änderungen
Solange Sie urteilsfähig sind, können Sie einen bestehenden Vorsorgeauftrag jederzeit widerrufen oder ändern. Wenn Sie den Vorsorgeauftrag widerrufen, sollten Sie das Schriftstück vernichten und/oder im neuen Auftrag erwähnen, dass frühere Aufträge nicht mehr gültig sind. Änderungen und Ergänzungen können Sie handschriftlich vornehmen (auch bei der beurkundeten Version) oder im Rahmen einer öffentlichen Beurkundung. Bei handschriftlichen Änderungen müssen diese deutlich gekennzeichnet, datiert und unterschrieben werden.
Wann tritt ein Vorsorgeauftrag in Kraft?
Der Vorsorgeauftrag tritt erst dann in Kraft, wenn die eigene Urteilsunfähigkeit eintritt, die Erwachsenenschutzbehörde (KESB) diese amtlich feststellt und den Vorsorgeauftrag validiert.
Die KESB prüft, ob der Vorsorgeauftrag rechtlich korrekt und umfassend aufgesetzt worden ist. Dann klärt sie, ob die beauftragte Person geeignet ist, den Vorsorgeauftrag auszuführen, und erteilt ihr gegebenenfalls ein entsprechendes Zeugnis.
Was geschieht, wenn ich ohne Vorsorgeauftrag urteilsunfähig werde?
Eheleute und eingetragene Partner/innen
Wenn einer der beiden Partner urteilsunfähig wird, erhält der andere Partner oder die andere Partnerin ein gesetzliches Vertretungsrecht für alltägliche Handlungen. Dieses Vertretungsrecht ist eingeschränkt und gilt für folgende Bereiche:
- Rechtshandlungen zur Deckung des üblichen Unterhaltsbedarfs
- übliche Verwaltung des Einkommens und des Vermögens
- nötigenfalls die Befugnis zur Öffnung und zur Erledigung der Post
Entscheidungen im Bereich der ausserordentlichen Vermögensverwaltung wie beim Kauf oder beim Verkauf von Grundeigentum, bei Neuanlagen von Wertschriften oder bei der Vertretung in Erbangelegenheiten gehören nicht dazu. Hierfür muss die KESB beigezogen werden.
Alleinstehende Personen oder Personen im Konkubinat
Bei alleinstehenden oder im Konkubinat lebenden Personen prüft die KESB die notwendigen Massnahmen und errichtet je nach Situation Beistandschaften. Die Behörde klärt ab, ob eine Person im nahen Umfeld das Vertretungsrecht übernehmen kann. Falls nicht, wird eine amtliche Beistandschaft angeordnet.
Wo sollte man einen Vorsorgeauftrag aufbewahren?
Der Vorsorgeauftrag sollte an einem sicheren und leicht zugänglichen Ort aufbewahrt werden. Es empfiehlt sich zudem, eine Kopie an die beauftragte(n) Person(en) und/oder Angehörige zu übergeben und diese über den Aufbewahrungsort des Originaldokuments zu informieren.
Je nach Kanton kann der Vorsorgeauftrag bei einer offiziellen Amtsstelle hinterlegt werden. Über das Zivilstandsamt der Wohnsitzgemeinde kann die Errichtung des Vorsorgeauftrags sowie dessen Hin-terlegungsort registriert werden.
Unsicher?
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Patientenverfügung
Nebst einem Vorsorgeauftrag sollten Sie auch eine Patientenverfügung verfassen. Mit einer Patientenverfügung legen Sie unter anderem fest, welche medizinischen Massnahmen im Fall von Urteilsunfähigkeit ergriffen werden dürfen und welche nicht.
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