Raus aus der Finanzwelt, rein ins Bauernleben! Diesen Schritt wagte Niels Rodin vor mehr als 18 Jahren – und das mit Erfolg! Der ehemalige Direktor einer Westschweizer Privatbank ist der einzige Zitronenbauer der Schweiz und darf heute zahlreiche Spitzenköche zu seinen Kunden zählen. Wir haben mit dem Zitronenkönig über den mutigen Schritt in die Selbstständigkeit gesprochen.
Niels Rodin sitzt in seinem Gewächshaus in Borex VD, in der Nähe von Nyon. Der Zitronenbauer wirkt unglaublich entspannt, gelassen und in seinem Element. Auf seinem 1,5 Hektar grossen Areal, zwischen den über 150 Zitrussorten, fühlt er sich sichtlich wohl. Jede seiner Pflanzen behandelt er mit viel Liebe und Aufmerksamkeit – man spürt seine Geduld und sein Herzblut, das er jeder dieser Früchte entgegenbringt.
Bitte akzeptieren Sie Marketing-Cookies, damit Sie das Video anschauen können. Cookie-Einstellungen
Herr Rodin, warum wird ein Banker plötzlich Zitronenbauer?
Ich war schon immer gerne im Garten und habe zudem eine grosse Leidenschaft fürs Kochen. Eines Tages wagte ich mich an das Experiment, einen eigenen Limoncello zuzubereiten. Bei der Recherche zur idealen Likör-Zitronensorte hat sich mir eine völlig neue Welt eröffnet, die mich von Beginn an interessiert – ja gar fasziniert – hat. Dieses Thema hat mich nicht mehr losgelassen.
Dann beschlossen Sie spontan, sich selbstständig zu machen?
Nein, nein … der Weg in die Selbstständigkeit war ein langer Prozess und geschah natürlich nicht über Nacht. Ich habe mir viel Zeit gelassen bei dieser Entscheidung. Anfangs nutzte ich meine ganze Freizeit für die Erforschung des Gebiets der Zitrusfrüchte: Jede freie Minute – abends, am Wochenende und in den Ferien – widmete ich den exotischen Früchten. Erst nach ca. 15 Jahren wagte ich es, meinen sicheren Job an den Nagel zu hängen und Biobauer zu werden.
Gab es einen speziellen Auslöser dafür?
Ja, es gab zwei Situationen, die mir bewusst gemacht haben, dass der Zeitpunkt gekommen ist, etwas in meinem Leben zu verändern.
Unter anderem eine alltägliche Situation bei meiner damaligen Arbeit, die mir klar machte, dass ich nicht mehr in diese Welt gehöre. Da war der Zeitpunkt für einen Wechsel gekommen.
Hatten Sie Angst vor diesem Schritt?
Oh, ich hatte natürlich sehr viel Angst. Wenn man angestellt ist, erhält man Ende des Monats automatisch seinen Lohn – unabhängig davon, wie erfolgreich man gewirtschaftet hat. Als selbstständiger Unternehmer ist das anders. Man arbeitet ununterbrochen – jeden Tag, jede Minute und das auch am Wochenende. Das war nicht nur für mich, sondern auch für mein Umfeld eine grosse Umstellung und ein Schritt in die Unsicherheit.
Woher nimmt man trotz so vieler Bedenken den Mut, diesen Schritt zu wagen?
Ich bin ein sehr positiver Mensch. Und ich glaube, es ist wichtig, immer optimistisch zu bleiben und nicht den Willen oder den Glauben an das zu verlieren, was man tut. Es gab auf meinem Weg Erfolgserlebnisse, aber auch immer wieder erhebliche Rückschläge. Ich musste lernen, mich davon nicht verunsichern zu lassen und optimistisch zu bleiben.
Gibt es auch Aspekte aus Ihrem «alten» Leben, die Sie vermissen?
Natürlich gibt es schon Sachen, die früher einfacher und besser waren. Um ganz ehrlich zu sein: zum Beispiel das Geld. Ende des Monats bleibt heute nicht mehr so viel übrig wie damals. Aber ich habe gelernt, mit weniger zu leben, und ich muss sagen, heute wache ich jeden Morgen auf und bin zufrieden. Und das ist definitiv mehr wert als alles Geld der Welt. Ich würde also sagen, mit weniger Geld lebt man besser – so ist es zumindest bei mir.
Wofür geben Sie denn am meisten Geld aus?
Oh ganz klar: neue Pflanzen und Früchte. Ich bin ein Sammler und kriege nie genug. Sobald ich etwas Neues entdecke, muss ich es haben, ausprobieren und bei mir anpflanzen.
Wie steht es um Ihre finanzielle Sicherheit?
Als Bauer bin ich immer stark abhängig von der Natur und der Wirtschaft. Dieses Jahr war zum Beispiel wettertechnisch eine sehr gute Saison. Das bedeutet, ich kann dank einer guten Ernte zuversichtlich in das laufende und das nächste Jahr schauen. Alles Weitere kann ich nicht beeinflussen und muss es nehmen, wie es kommt.
Was raten Sie anderen Menschen, die mit dem Gedanken spielen, sich selbstständig zu machen?
Es ist wichtig, dass man von Anfang an den Austausch mit anderen Menschen sucht, die diesen Weg bereits beschritten haben oder dies tun wollen. Mittlerweile habe ich ein breites Netzwerk. Das war aber nicht immer so. Ich glaube dieser Austausch hätte mir zu Beginn meiner Selbstständigkeit enorm geholfen. Erfahrungsgemäss stehen Unternehmerinnen und Unternehmer immer wieder vor denselben Problemen.
Sie sind Biobauer und setzen auf Biodiversität. Wie wichtig ist Ihnen der Aspekt der Nachhaltigkeit?
Nachhaltigkeit hatte für mich stets höchste Priorität. Wir haben von Anfang an biologisch angebaut und nutzen zum Beispiel Solarstrom und Regenwasser für unsere Gewächshäuer – einfach, weil uns das wichtig ist. Die Biobauer-Zertifizierung zu erhalten, war dabei aber kein Ziel. Wir arbeiteten viel mit Profis, die uns gut kannten und wussten, dass wir ökologisch anbauen. Als wir uns dann für Privatkunden geöffnet haben, merkten wir jedoch, dass die Zertifizierung sehr wichtig ist. Das Label gibt den Kunden die Garantie, dass wir ein Biobetrieb sind.
Was bedeutet Selbstbestimmung für Sie?
Nun, Selbstbestimmung bedeutet für mich, dass ich mein Business so aufbauen kann, wie ich es für sinnvoll halte. Ich lege Wert darauf, dass alle gewinnen: die Umwelt durch einen nachhaltigen Anbau, die Kunden durch gute Produkte und meine Angestellten und ich durch eine sinnvolle Beschäftigung und Entlöhnung. Das alles beeinflussen zu können, bedeutet für mich Selbstbestimmung.
Niels Rodin (41) ist der einzige Zitronenbauer der Schweiz. Auf seinem Bio-Bauernhof in Borex VD baut er über 150 verschiedenen Zitrussorten an. Aktuell erntet er pro Jahr rund eine Tonne Zitrusfrüchte aus seinen Gewächshäusern. Neben Privatkunden gehören auch Sterneköche wie Andreas Caminada zu seinen Kunden.
Welches ist Ihre Lieblingspflanze?
Das ist einfach. Von Beginn an war es die Yuzu. Ich habe diese Frucht vor 15 Jahren bei einer Japanerin entdeckt, die diese einmal im Jahr von Japan in die Schweiz mitbrachte. Der Geschmack der Yuzu hat mich seit dem ersten Bissen nie mehr losgelassen und ich liebe sie heute noch.
Wenn Sie einen Wunsch für die Zukunft frei hätten – was wäre das?
Ich wünsche mir, dass mehr junge Menschen den Bauernberuf für sich entdecken, dass sie zu uns kommen, unser Business erlernen und weiterführen. Ich bin aktuell der einzige Zitronenbauer der Schweiz. Es würde mich freuen, mein Wissen weiterzugeben.
Beratungstermin vereinbaren
In einem persönlichen Gespräch finden wir die Lösungen für all Ihre Bedürfnisse.