So emotional wie die Ehe beginnt, kann sie in manchen Fällen auch enden. Gar nicht so einfach, da einen kühlen Kopf zu bewahren. Damit man nach einer Scheidung in der Schweiz möglichst bald wieder selbstbestimmt in die Zukunft blicken kann, ist es wichtig, sich gut zu informieren. So können Sie selbstständig die richtigen Entscheidungen treffen – gerade in finanzieller Hinsicht.

Im Jahr 2022 wurden in der Schweiz 16 201 Ehen geschieden. Die Scheidungsrate beträgt 39,7% (2022) bei einer durchschnittlichen Ehedauer bis zur Scheidung von 15,7 Jahren (2022).
Quelle: Bundesamt für Statistik

Bleibt das Scheidungsverhalten unverändert, kann man laut dem Bundesamt für Statistik davon ausgehen, dass zwei von fünf Ehen eines Tages mit einer Scheidung enden. Neben starken Emotionen bringt eine Scheidung in der Regel auch grosse Existenzängste mit sich. Und das nicht ohne Grund, denn die finanziellen Konsequenzen einer Scheidung können erheblich sein. So muss möglicherweise das Eigenheim verkauft werden. Auch einbezahlte Beiträge in die Altersvorsorge müssen geteilt werden. Hier die wichtigsten Punkte im Überblick:

Gesetzliche Einordnung zum Güterstand

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Wie lange dauert eine Scheidung?

Wie lange der Scheidungsprozess dauert, hängt vom Verhalten der Eheleute ab.

Scheidung auf gemeinsames Bergehren

Wenn es sich um eine Scheidung auf gemeinsames Begehren handelt, dauert der Prozess in der Regel zwischen drei und vier Monate. In diesem «optimalen» Fall sind sich die Eheleute über alle Folgen der Scheidung einig. Hierzu gehören das Sorgerecht, Unterhaltszahlungen, Vermögen und Pensionskasse. Auch wenn zu einigen Punkten noch Uneinigkeit besteht, kann ein gemeinsames Scheidungsbegehren eingereicht werden mit der Bitte um gerichtliche Klärung der noch offenen Punkte.

Scheidungen auf einseitiges Begehren

Widersetzt sich einer der Ehegatten der Scheidung, kann der scheidungswillige Ehepartner bzw. die scheidungswillige Ehepartnerin eine Scheidung auf einseitiges Begehren beantragen. Dies ist möglich, wenn seit mindestens zwei Jahren nachweislich ein getrenntes Leben geführt wurde. Daraufhin beginnt der Scheidungsprozess, der sich über mehrere Jahre hinziehen kann, je nach Entscheidungsfindung und Streitpotenzial.
 

Was kostet eine Scheidung in der Schweiz?

Die Kosten einer Scheidung setzen sich grösstenteils aus Anwalts- und Gerichtskosten zusammen. Diese variieren von Fall zu Fall, die Kosten fürs Gericht sogar von Kanton zu Kanton.

Kosten einer einvernehmlichen Scheidung

  • Beide Eheleute sind für die Kosten aufzukommen.
  • Gerichtskosten werden aufgeteilt und sind kantonal geregelt (zwischen 1000 und 4000 Franken).
  • Anwaltskosten werden von jedem selbst getragen (i. d. R. zwischen 250 und 450 Franken pro Stunde).

Kosten für eine Scheidung auf einseitiges Begehren

  • Bei einem strittigen Verfahren muss die Partei, die unterliegt, für die Scheidungskosten vollständig aufkommen.
     

Was passiert, wenn ich mir die Scheidungskosten nicht leisten kann?

Ist es Ihnen aus finanzieller Sicht nicht möglich, die Gerichts- und Anwaltskosten einer Scheidung zu tragen, können Sie ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege stellen.
 

Ist eine Scheidung ohne Anwalt möglich?

Ja. Das Gesetz verlangt keinen Anwalt bzw. keine Anwältin zur Scheidung einer Ehe. Trotzdem ist es ratsam, einen Rechtsbeistand beizuziehen, um Vermögensverhältnisse und Streitfragen gemeinsam mit einem Experten bzw. einer Expertin zu klären.
 

Was passiert bei einer Scheidung mit der AHV (1. Säule)?

Sobald die Scheidung rechtskräftig ist, können Sie bei den zuständigen AHV-Ausgleichskassen das Splitting der während der Ehe erwirtschafteten Einkommen beantragen. Splitting bedeutet, dass das gesamte Einkommen beider Eheleute, welches während der Ehe erzielt wurde, hälftig auf beide verteilt wird. Die zeitnahe Durchführung des AHV-Splittings ist empfehlenswert, um allfällige Verzögerungen bei der Fälligkeit von Alters- oder Invalidenrenten zu vermeiden.

Die Teilung der Einkünfte erfolgt nur für ganze Kalenderjahre und nur für diejenigen Jahre, in denen beide Ehepartner/-innen in der schweizerischen AHV versichert waren. Der Antrag fürs Splitting kann auf der Website der jeweiligen AHV-Ausgleichskasse heruntergeladen werden.
 

Wir lassen uns scheiden – was passiert mit der beruflichen Vorsorge (2. Säule)?

Alle während der Ehedauer angesammelten Guthaben der beruflichen Vorsorge (Altersguthaben bei der Pensionskasse oder auf Freizügigkeitskonten/-policen) werden zur Hälfte zwischen den Eheleuten aufgeteilt. Als Grundlage für die Berechnung gilt die Dauer der Ehe – also vom Tag der Eheschliessung bis zum Zeitpunkt der Einreichung des Scheidungsverfahrens. Dabei werden auch die Zinsen berücksichtigt, die sich während der Ehejahre angesammelt haben.

Dieses Splitting der beruflichen Vorsorge wird auch Vorsorgeausgleich genannt und ist unabhängig vom gewählten Güterstand. Es wird also auch bei einer Gütertrennung durchgeführt. Nur in Ausnahmefällen – in der Regel dann, wenn die Alters- und Invalidenvorsorge einer der beiden Ehepersonen auf andere Weise gewährleistet ist – kann ganz oder teilweise darauf verzichtet werden. Ein Verzicht vor der Scheidung – etwa mittels Ehevertrag – ist nicht möglich.

Wenn der Vorsorgeausgleich erfolgt, wird das Geld nicht an die profitierende Eheperson direkt ausgezahlt, sondern an deren Pensionskasse überwiesen. Falls die Person keiner Pensionskasse angeschlossen ist, wird das Guthaben auf ein Freizügigkeitskonto oder eine Freizügigkeitspolice übertragen. Ein solches Konto oder eine solche Police können Sie bei einer Bank, der Post oder auch einer Versicherung (wie Swiss Life) einrichten lassen. Falls die profitierende Person über 60 Jahre alt ist, kann der Vorsorgeausgleich auch direkt ausbezahlt werden.
 

Was passiert bei einer Scheidung mit der 3. Säule?

Wenn Sie einen Ehevertrag haben, erfolgt die Aufteilung nach der dort festgelegten ehegüterrechtlichen Einigung. Sollten Sie Gütertrennung vereinbart haben, wird das Guthaben nicht aufgeteilt. Im Ehevertrag bestehen verschiedene Möglichkeiten, wie die Aufteilung erfolgen soll, es kann auch ganz darauf verzichtet werden.

Wenn kein Ehevertrag vorliegt, gilt der ordentliche Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung, und das während der Ehejahre erzielte Vermögen der 3. Säule wird 50:50 geteilt. Zu diesem Vermögen zählen die Guthaben aus allen Versicherungen der Säulen 3a wie 3b (sofern aus der Errungenschaft finanziert) – genau wie alle übrigen Vermögenswerte der Eheleute. Ausserdem wird auch der Vermögenszuwachs während der Dauer der Ehe berücksichtigt. Bei Geldern aus der gebundenen Vorsorge 3a, hierunter fallen Konten und Versicherungen, ist es Pflicht, dass diese gebunden bleiben. Diese Gelder werden auf eine gebundene Vorsorge der Säule 3a des profitierenden Ehepartners bzw. der profitierenden Ehepartnerin überwiesen. Falls keine gebundene Vorsorge vorliegt, erfolgt die Überweisung auf eine Vorsorgeeinrichtung der beruflichen Vorsorge, sofern vorhanden, oder es muss eine Säule 3a errichtet werden.
 

Vorsorgecheck

Haben Sie eine Vorsorgelücke aufgrund der Ehescheidung? Dann ist es wichtig, diese rasch zu schliessen. So sorgen Sie für finanzielle Zuversicht und ein selbstbestimmtes Leben im Alter. Der Vorsorgecheck berechnet die finanzielle Situation nach Ihrer Pensionierung und zeigt mögliche Lücken auf.

Wir lassen uns scheiden – was passiert mit der Immobilie und der Hypothek?

Bei einer Scheidung kommt oft die Frage auf, was mit der gemeinsamen Immobilie passiert. Wird das Eigenheim verkauft oder übernimmt es eine der beiden Ehepersonen?

Wenn das Eigenheim gemeinsam gekauft wurde, muss die Person, welche auszieht bzw. aus dem Eigentum «ausscheidet», entschädigt werden. Die Höhe dieser Zahlung hängt vom aktuellen Wert der Immobilie, dem Ehegüterrecht und den jeweiligen finanziellen Beteiligungen ab und wird im Rahmen des Scheidungsverfahrens ermittelt.

In den meisten Fällen ist das Wohneigentum noch nicht abbezahlt, sondern mit einer Hypothek finanziert. Hier wird es kompliziert, denn bei einer gemeinsam abgeschlossenen Hypothek haften beide der getrennten Partner bzw. Partnerinnen. Sie müssen füreinander einspringen, sollte eine der Parteien nicht mehr fähig sein, die Schuldzinsen zu bezahlen und allfällige Amortisationen zu leisten. Dies gilt auch für den Partner oder die Partnerin, der oder die bereits ausgezogen ist. Die Schuldverpflichtung läuft ungeachtet der Scheidung und allfälliger neuer Eigentumsverhältnisse unter den Exehepartner bzw. Ehepartnerinnen bis zum regulären Ende weiter. Es ist zwar möglich, vorzeitig auszusteigen. Dies ist aber oft mit finanziellen Konsequenzen verbunden.

Der Hypothekargeber ist nicht verpflichtet, den Hypothekarvertrag mit nur einer der bisherigen Personen weiterzuführen. Denn die Situation um die Tragbarkeit ändert sich und kann gegebenenfalls nicht mehr erfüllt werden. Muss die Immobilie verkauft werden, ist der Ausstieg aus einer laufenden Festhypothek möglich, allerdings fallen hierbei meist hohe Vorfälligkeitsentschädigungen an.

Falls die Finanzierung des Eigenheims durch einen Vorbezug aus der Pensionskasse erfolgte, muss der ausscheidende Partner bzw. die ausscheidende Partnerin diesen Vorbezug wieder in die Pensionskasse einzahlen.
 

Scheidungsfall vorausschauend regeln

Bereits zum Zeitpunkt des Immobilienkaufs ist finanzielle Weitsicht wichtig. Daher sollte festgehalten werden, wer wie viel Eigenkapital beim Kauf und bei späteren Investitionen aufgewendet hat. Auch die Wahl der Hypotheken kann entscheidend sein; Tranchen mit unterschiedlichen Laufzeiten können die finanzielle Flexibilität fördern und reduzieren die Vorfälligkeitsentschädigung gegenüber einer einzigen Festhypothek mit langer Laufzeit.

Zeichnet sich eine Scheidung ab, sollten Sie frühzeitig mit dem Hypothekargeber Kontakt aufnehmen und die Möglichkeiten der zukünftigen Finanzierung anschauen. Wenn Sie hier vorausschauend überlegen, können Sie erheblichen zukünftigen Problemen aus dem Weg gehen.
 

Gewusst?

Ehepaare haben mit dem revidierten Erbrecht, welches 2023 in Kraft getreten ist, mehr Flexibilität: Ab Einleitung des Scheidungsverfahrens besteht für den Ehegatten bzw. die Ehegattin kein Pflichtteilsanspruch mehr. Eheleute, welche sich im Scheidungsverfahren befinden, können sich somit mit einer letztwilligen Verfügung von der Erbfolge ausschliessen.

Fragen?

Unsere Experten und Expertinnen beraten Sie gerne hinsichtlich Ihrer Vorsorgesituation. Egal in welchem Zivilstand Sie sich befinden.

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